Automobil Ohne Außenspiegel sogar sicherer

Stuttgart · Der im September 2018 vorgestellte neue Mercedes-Benz Actros ist als Sattelzug bis zu 19 Meter lang. Demnächst ist er mit einigen technischen Weltneuheiten auf den Straßen unterwegs. Damit will er die Konkurrenten abhängen.

 Am Führerhaus des neuen Mercedes-Benz Actros fallen links und rechts die schmalen, silberfarbenen Kameras auf, die die Außenrückspiegel ersetzen.

Am Führerhaus des neuen Mercedes-Benz Actros fallen links und rechts die schmalen, silberfarbenen Kameras auf, die die Außenrückspiegel ersetzen.

Foto: Daimler

Die meisten Autofahrer sehen schwere Lkw vor allem aus der Froschperspektive, schauen mit Respekt, Furcht und mitunter mit Ablehnung zu ihnen auf, weil ihnen die rollende Wand auf der rechten Autobahnspur den Platz zum schnellen Vorankommen nimmt. Man kann darüber diskutieren, warum Jahrzehnte verfehlter Verkehrspolitik so viele Güter von der Schiene auf die Straße verlagert haben – mit all den Folgen wie Staus und schwere Unfälle.

Schlagartig herumreißen lässt sich das Steuer im Transportwesen nicht, weshalb den Lkw-Herstellern gar nichts anderes übrig bleibt, als aus der Not eine Tugend zu machen und ihre Produkte technisch auf dem neuesten Stand zu halten.

Im Falle der neuen Generation des Mercedes-Benz Actros, dem Flaggschiff der Nutzfahrzeug-Sparte von Daimler, hat man vor allem die Problemfelder Sicherheit und Wirtschaftlichkeit ins Blickfeld gerückt. Eine Neuheit erkennt man auf den ersten Blick: Der Laster hat keine Außenspiegel mehr. Sie sind durch Kameras ersetzt, die gestochen scharfe Bilder in die Fahrerkabine projizieren. Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Der neue Actros braucht weniger Kraftstoff, und weil man in die Spiegelbilder bewegliche Leitlinien einbauen kann, wird das Rangieren rückwärts leichter und sicherer.

Der Sicherheit dient auch der Active Drive Assist (Aktiver Fahrassistent), der nicht nur wie bisher eigenständig bremsen und beschleunigen kann. Er ist jetzt auch in der Lage, automatisch die Spur zu halten und Kurven zu fahren. Damit wird die Gefahr durch abgelenkte und übermüdete Fahrer geringer.

Der Spurhalteassistent, der den Lkw sanft auf seine Fahrbahn zurücklenkt, wenn der Fahrer unaufmerksam ist, kann nicht abgeschaltet werden. Sein Verwandter heißt Active Brake Assist 5, die fünfte Generation des Notbremsassistenten. Dieser kann jetzt Fußgänger erkennen und löst bei Gefahr für die schwächsten Glieder im Straßenverkehr eine Vollbremsung aus.

Eine weitere Neuigkeit dient der Wirtschaftlichkeit – Mercedes beziffert die Kraftstoffeinsparung auf drei bis fünf Prozent. Das ist nicht wenig, wenn man die Jahresfahrleistungen im Fernverkehr bedenkt. Außer den wegfallenden Außenspiegeln hat daran der neue PPC-Tempomat (Predictive Powertrain Control) einen ordentlichen Anteil, der aufgrund digitaler Straßenkarten nicht nur Gefälle und Steigungen beim Schalten vorausschauend berücksichtigt, sondern auch Kurven und Kreisverkehre.

Ein CNG-Erdgasantrieb, der nach dem Benzinmotor-Prinzip arbeitet, ergänzt die Dieselmotorisierungen. Er ist leiser und stößt keinerlei Partikel aus. Aufgrund seiner Reichweite von nur 250 Kilometern ist er jedoch nur für den schweren Verteilerverkehr und nicht für die Langstrecke geeignet.

Äußerlich ist der neue Actros auf den ersten Blick nur für Kenner wahrzunehmen, am ehesten durch die fehlenden Außenspiegel. Zwar hat man ihm auch ein neu gezeichnetes Tagfahrlicht spendiert, aber das scheint beliebig und hat auf keinen Fall den hohen Wiedererkennungswert wie das große leuchtende V von Volvo.

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