(Un)tierisch schön

Bonn · Vegan zu leben, bedeutet nicht nur, beim Essen auf Tierprodukte zu verzichten. Auch bei der Körperpflege setzen Veganer konsequent auf Kosmetika, die ohne Tierversuche entwickelt wurden und frei von tierischen Inhaltsstoffen sind. Hersteller passen sich dem Trend an.

 Mascara und andere Kosmetikprodukte werden zunehmend auch vegan hergestellt. Foto: Arabesque/beautypress

Mascara und andere Kosmetikprodukte werden zunehmend auch vegan hergestellt. Foto: Arabesque/beautypress

Foto: Arabesque/beautypress

Oliver Gobert achtet beim Zähneputzen genau auf das, was in der Tube drin ist. Vegan muss seine Zahnpasta sein, ohne tierisches Glycerin, ohne Gelatine, ohne tierische Farbstoffe, tierversuchsfrei. Der 25-Jährige lebt aus ethischen Gründen seit mehreren Jahren vegan. "Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass herkömmliche Zahnpasta tierische Stoffe enthält", sagt der Bonner. Eiweiße und Kollagen aus tierischem Bindegewebe, Keratin aus Hufen und Hörnern zum Beispiel, die auch in vielen alltäglichen Kosmetikprodukten verwendet werden. "Unappetitlich" findet Gobert das, genau wie seine Freundin Lisa-Marie, die ebenfalls Tierschützerin ist. Mascara aus Knochenasche? Rote Lippen aufgrund des aus Schildläusen gewonnenen Stoffes Karmin? Das alles kommt für sie nicht in Frage. Schminken ja, aber nur vegan.

Mit dieser Einstellung ist das junge Paar nicht alleine. Wer sich vegan pflegen will, muss zum Einkaufen längst nicht mehr ins Reformhaus oder in den Bioladen. Große Drogerieketten haben inzwischen preiswerte vegane Produkte im Regal - erkennbar zum Beispiel an der aufgedruckten "Veganblume", dem Prüfsiegel der in Großbritannien beheimateten "Vegan Society". Der Deutsche Tierschutzbund weist mit einem Kaninchen-Emblem und einer "Positivliste" im Internet auf Hersteller hin, die in ihren Kosmetikprodukten keine Inhaltsstoffe von toten Tieren verwenden. Auch viele Vegan-Blogs im Internet bieten Orientierung im veganen Kosmetik-Dschungel.

So betreibt die Kosmetikexpertin Mandy Huth den Vegan-Beauty-Blog "Blanc et Noir". Um ihre Listen aktuell zu halten, recherchiert sie rund um die Uhr: "Regelmäßig schreibe ich Kosmetikhersteller an und bitte um eine aktualisierte Liste oder eine aktuelle Stellungnahme zur Tierversuchspolitik. Manche der Firmen schicken ihre Listen von selbst. Eine wichtige Instanz sind außerdem meine Leser." Vegane Pflege macht Arbeit, so scheint es. Aber ganz so sieht es die 25 Jahre alte Kasselerin nicht: "Wer sich nie ausführlich mit Veganismus beschäftigt hat, wird diesen Schritt dahin womöglich immer als kompliziert empfinden."

100 Prozent natürliche Inhaltsstoffe - da liegt die Vermutung nahe, dass vegane Kosmetik nichts anderes ist als die altbekannte "Naturkosmetik". Doch Mandy Huth klärt auf: "In zertifizierter Naturkosmetik dürfen sich weder synthetische Duft- oder Farbstoffe, noch genetisch veränderte Rohstoffe befinden. Auch Inhaltsstoffe vom toten Tier sind verboten. Tierische Produkte wie etwa Bienenwachs, Wollwachs oder Karmin sind hingegen zugelassen, denn für diese mussten keine Wirbeltiere getötet werden." Vegane Kosmetik, so die Fachfrau, müsse dagegen nicht ausschließlich aus natürlichen Inhaltsstoffen bestehen. Synthetische Zutaten sind also möglich.

Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich die Pflegeprodukte selber herstellen. Siegrid Hirsch, Autorin des Buches "Vegane Kosmetik: einfach selbst gemacht" (erscheint im April), hat ein Lieblingsrezept für eine Handcreme parat: "Die mache ich immer, wenn meine Hände stark strapaziert sind und ich viel draußen bin." Dazu benötigt man 150 Gramm Kokosfett, eine halbe Hand voll frische Blüten, 50 Gramm Möhre und drei Tropfen ätherisches Öl, zum Beispiel Rose. Die Österreicherin erklärt: "Zuerst die Möhre unter Wasser abbürsten, dann fein reiben. Die Kräuter waschen und trockentupfen. Einen kleinen Topf ins Wasserbad stellen, Kokosfett darin erhitzen, geriebene Möhre und Kräuter beifügen. Im Wasserbad, gerade unter der Siedetemperatur, für eine Stunde ziehen lassen. Das flüssige Fett mit den Kräutern durch ein Sieb, in das man ein Mull-Tuch legt, gießen. Die Pflanzenteile gut ausdrücken. Ätherisches Öl unterrühren, alles in einen Tiegel füllen und in den Kühlschrank stellen."

Auch Mandy Huth hat ein Lieblingsrezept: ein selbst gemachtes Kaffee-Zimt-Peeling. "Man benötigt 50 Gramm Kaffeepulver, einen halben Teelöffel Zimt, zwei Esslöffel Zucker und einen Esslöffel Bio-Sonnenblumenöl." Das Rezept klappt auch mit getrocknetem Kaffeesatz. "Der Zucker ist für den Peelingeffekt zuständig und das Öl pflegt die Haut", sagt sie.

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