Strom bleibt für Verbraucher teuer

Berlin · An der Strombörse sind die Preise schon lange im Tiefflug. Aber viele Endkunden müssen für ihre Energie weiter tief in die Tasche greifen. Das liegt unter anderem am teuren Ausbau der Netze. Oft geben Versorger Preisvorteile aber auch nicht weiter.

 Verbraucher können kaum mit sinkenden Stromkosten rechnen. Foto: Arno Burgi/dpa

Verbraucher können kaum mit sinkenden Stromkosten rechnen. Foto: Arno Burgi/dpa

Foto: Arno Burgi/dpa

Viele Privatkunden müssen weiter annähernd 30 Cent pro Kilowattstunde oder knapp 100 Euro im Monat für den Strom einer vierköpfigen Familie zahlen. Damit hat Deutschland nach Dänemark die zweithöchsten Strompreise Europas.

Im ersten Halbjahr ist der Preis der Grundversorger im Bundesschnitt nach Angaben der Vergleichsportale Verivox und Check24 sogar um fast ein Prozent gestiegen, statt zu sinken. Auch für die zweite Jahreshälfte und das kommende Jahr erwarten Fachleute keine spürbare Entlastung. Sinkenden Beschaffungspreisen stünden voraussichtlich Erhöhungen bei den staatlich regulierten Lasten wie EEG-Umlage und Netzentgelten gegenüber, sagte Verivox-Geschäftsführungsmitglied Jan Lengerke. Nach seinen Angaben haben in den ersten sechs Monaten fast 30 Prozent der 832 Strom-Grundversorger die Preise um durchschnittlich drei Prozent erhöht. Nur jeder zehnte Versorger habe den Preis gesenkt. Unter dem Strich steht ein Plus bei den Stromkosten von 0,7 Prozent. Ähnliche Ergebnisse errechnete Check24, hier kam man auf einen Anstieg der Grundversorgungstarife von 0,8 Prozent. Warum geht die Belastung der Haushaltskunden nicht zurück, obwohl sich der Großhandels-Strompreis an den Börsen in den vergangenen Jahren mehr als halbiert hat und aktuell deutlich unter drei Cent pro Kilowattstunde liegt? Ein Grund ist der teure Ausbau der Netze, den die Energiewende mit ihren vielen neuen Stromproduzenten nötig macht. Die Bundesnetzagentur bezifferte die Kosten allein für die neuen Leitungen an Land - ohne Offshore-Netze - bisher auf 18 Milliarden Euro.

Da jetzt aus Akzeptanzgründen die deutlich teureren Erdkabel Vorrang bekommen, wird sich diese Summe noch erhöhen. Dies zahlen die Verbraucher über die Netzentgelte, die bereits mehr als ein Fünftel des Strompreises ausmachen und seit 2011 kontinuierlich steigen.

Die Ausbaukosten fallen aber nur schrittweise an und werden über einen langen Zeitraum abgezahlt, betont ein Sprecher der Bundesnetzagentur . Sie brächten deshalb nur leichte Anstiege für den Strompreis. Aktuell fielen die Kosten für die Systemstabilisierung viel mehr ins Gewicht als der Netzausbau: Wenn Wind- und Solarparks abgeschaltet werden müssen, weil sonst das Stromnetz in die Knie geht, werden die Besitzer dafür entschädigt - auf Kosten aller Stromkunden . 2015 waren das allein rund eine Milliarde Euro.

Eine schwere Last für den Strompreis bleibt auch die EEG-Umlage von aktuell 6,35 Cent pro Kilowattstunde für die Vergütung der Erneuerbaren-Anlagen.

Ein schlichter Grund für hohe Strompreise liegt bei den Versorgern: Sie geben ihre Vorteile im Stromeinkauf vielfach nur an Kunden weiter, deren Tarife im Wettbewerb stehen. Die sogenannten Grundversorgungskunden, die niemals den Tarif oder den Anbieter gewechselt haben, zahlen dagegen deutlich mehr. Fast ein Drittel der Stromkunden haben nach den jüngsten Zahlen der Bundesnetzagentur noch solche Verträge. Mit einem Wechsel des Anbieters ließen sich teils hunderte Euro sparen.

Wenn die Stromkosten steigen, nehmen sich viele Menschen vor, Energie einzusparen. Doch welcher Haushalt kann weniger Strom verbrauchen? Wie hoch ist der typische Durchschnittsverbrauch vergleichbarer Haushalte?

Für den sogenannten Stromspiegel des Bundesumweltministeriums und der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online wurden rund 144 000 Verbrauchsdaten ausgewertet und Vergleichswerte zusammengestellt. Single-Haushalte in Ein- oder Zweifamilienhaushalten mit 1500 Kilowattstunden (kWh) im Jahr gelten als geringe Stromverbraucher. Ein mittlerer Verbrauch liegt bei 2700 bis 3200 kWh, sehr hoch wären 4200 kWh. In Mehrfamilienhäusern liegen die Werte bei 800 kWh für geringen, bei 1300 bis 1500 kWh für mittleren Verbrauch und 2500 kWh für sehr hohen Verbrauch. Strom für die Warmwasserbereitung wurde nicht einberechnet.

In Ein- und Zweifamilienhäusern bis 2100 kWh als gering, gilt der Verbrauch von Zwei-Personen-Haushalten. 3000 bis 3300 kWh gelten als mittlerer und mehr als 4500 kWh als sehr hoher Verbrauch. Im Mehrfamilienhaus zwischen 1300 bis 3200 kWh. Bis zu 3000 kWh Verbrauch gelten in einem Vier-Personen-Haushalt als gering, der Höchstwert liegt bei mehr als 6000 kWh.

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