Schrittzähler führen Sportler in die Irre

Washington · Digitale Fitnesshelfer stehen bei Freizeitsportlern hoch im Kurs. Bei Datenschützern stehen die kleinen Geräte jedoch wegen Sicherheitsbedenken in der Kritik. Wie Forscher aus den USA berichten, scheint das aber nicht die einzige Schwachstelle der Fitnessarmbänder zu sein. Sie helfen auch nicht beim Abnehmen.

 Fitnessarmbänder sind bei Sportlern beliebt. Ob die Geräte wirklich hilfreich sind, ist jedoch umstritten. Foto: Fotolia

Fitnessarmbänder sind bei Sportlern beliebt. Ob die Geräte wirklich hilfreich sind, ist jedoch umstritten. Foto: Fotolia

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Fitnessarmbänder und Gesundheits-Apps, mit denen sich etwa Blutdruckwerte oder die tägliche gelaufene Strecke erfassen, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GFK zeichnet jeder vierte Internetnutzer in Deutschland digital Gesundheitsdaten auf. Das sind 16 Millionen Menschen.

Viele sehen die sogenannten Wearables als nützliche Motivationshelfer. Über acht Millionen Menschen in Deutschland geben an, mithilfe der Geräte die körperliche Kondition steigern zu wollen. Doch spornen die kleinen Geräte tatsächlich zu mehr Bewegung an? Forscher der Georgetown-Universität in Washington berichten, dass Nutzer von Fitnessarmbändern nach sechs Wochen im Durchschnitt 970 Schritte mehr pro Tag gehen als zuvor ohne Schrittzähler.

Allerdings scheinen Wearables nicht jeden zu mehr Bewegung zu motivieren. Forscher der Uni Pittsburgh kommen zu dem Ergebnis, dass Fitnessarmbänder gerade bei denen, die abnehmen wollen, nicht hilfreich sind. Für eine Untersuchung machten 500 Übergewichtige im Alter von 18 bis 35 Jahren eine Langzeitdiät von 24 Monaten und bekamen dazu Sportempfehlungen. Nach sechs Monaten erhielt die Hälfte von ihnen noch Fitnessarmbänder, die für einen zusätzlichen Bewegungsanreiz sorgen sollten. Die andere Hälfte sollte ohne die Hilfe elektronischer Geräte abnehmen. Im Ergebnis speckte die Armband-Gruppe jedoch 3,5 Kilogramm weniger ab als die Vergleichsgruppe.

Zumindest junge, übergewichtige Erwachsene nehmen also laut den Pittsburgher Forschen mehr ab, wenn sie ein Sportprogramm ohne Fitnessarmbänder absolvieren, als wenn sie die Geräte nutzen. John Jakicic von der Uni Pittsburgh hat dafür zwei mögliche Erklärungen. Es könne zum einen sein, dass die Nutzer von Wearables wegen der angezeigten Daten denken, sie seien sehr aktiv gewesen und könnten sich deshalb auch ruhig mal ein Stück Kuchen gönnen. Zudem sei ein Fitnessarmband womöglich nicht für jeden motivierend. Wer an Trainingszielen häufig scheitere, werde eher frustriert.

Eine andere Schwachstelle der Wearables deckten Forscher der TU Darmstadt auf. Viele Programme haben große Lücken im Datenschutz. Nutzerdaten könnten leicht gehackt und manipuliert werden. Beim Datenschutz sind auch die Verbraucher skeptisch. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstitutes PWC fürchten 62 Prozent der Internetnutzer bei Wearables einen Eingriff in ihre Privatsphäre. 57 Prozent sehen die Anfälligkeit für Sicherheitslücken als Problem. Daten- und Verbraucherschützer mahnen zudem zu einem vorsichtigeren Umgang mit den digitalen Accessoires beim Sport. Die Daten interessierten nämlich nicht nur den Nutzer, sondern auch Krankenkassen, die ihren Versicherten auf diese Weise individuelle Tarife anbieten wollen, so Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands.

Ob Fitnessarmbänder, Gesundheits-Apps oder Computeruhren - die kleinen digitalen Helfer, die sportliche Leistungen dokumentieren, liegen im Trend. Dass die sogenannten Wearables wirklich zu einer besseren Fitness verhelfen können, davon scheinen viele überzeugt zu sein. Die Internet-Redaktion unserer Zeitung hat Facebook-Nutzer gefragt, ob sie in den kleinen Geräten nützliche Helfer oder digitale Datenspione sehen. Insgesamt fielen die Reaktionen eher positiv aus. So fühlen sich viele Leser durch Fitness-Tracker wesentlich motivierter, regelmäßig Sport zu treiben. Insbesondere beim Ausdauerlauf stelle das digitale Armband mit seinem Herzfrequenz- und Pulsmesser eine große Hilfe dar, wie Johannes Schlachter und Ursula Klampfer-Fabian einstimmig erklären. Nützlich sei auch, so findet Dorothe Simmet, die Erinnerungsfunktion vieler Geräte, die bei zu langer Inaktivität vibriert und zu Bewegung aufforderten. Einen Missbrauch ihrer Daten scheinen die Facebook-Nutzer nicht zu fürchten. Eher zweifeln Leser am Sinn der Apps und Geräte an: "Zu vielen, die ein solches Armband tragen, würde ich gerne sagen: Ein Fitness-Armband alleine macht nicht automatisch fit", schreibt etwa Natascha Feltes.

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