Rasen statt reisen

Köln · Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt arbeiten am Konzept eines Hyperschallflugzeugs, das in zwei Stunden jeden Punkt auf der Erde erreichen kann. Es soll mit 20-facher Schallgeschwindigkeit fliegen.

 So sieht der Space Liner in einer Computeranimation aus. Grafik: DLR

So sieht der Space Liner in einer Computeranimation aus. Grafik: DLR

Wer von einem Flughafen in Deutschland zu einem Ziel auf dem australischen Kontinent startet, ist länger als einen Tag unterwegs. Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) tüfteln nun mit Forschern aus acht europäischen Ländern in einer EU-Studie unter dem Titel "Fast20XX" an einem Flugzeug, das diese Strecke in 90 Minuten bewältigen soll.

Schwerelosigkeit inklusive

Das Space-Liner genannte DLR-Fluggerät ist genau genommen ein Segler, denn es hat keinen eigenen Motor. Der Begriff trifft die Sache allerdings nicht wirklich, denn dieses Segelflugzeug soll mit der fünffachen Geschwindigkeit einer Gewehrkugel fliegen. Starthilfe gibt ihm ein Raketen-Booster, der das Passagierflugzeug binnen Minuten in 80 Kilometer Höhe und auf 20-fache Schallgeschwindigkeit bringt. Dort trennen sich die Wege. Die Starthilfe-Rakete kehrt zu ihrem Flughafen zurück, der Space-Liner rast in 80 Minuten zum Ziel und landet dort im Gleitflug.

Die Passagiere des Weltraumfliegers sollen während der acht Minuten dauernden Startphase einer Belastung von maximal 2,5 g ausgesetzt sein, so DLR-Projektkoordinator Martin Sippel. Das entspricht dem Zweieinhalbfachen der Gewichtskraft der Erde - bei einem 80 Kilogramm schweren Passagier würde eine Waage 200 Kilogramm anzeigen. Nach Brennschluss des Boosters wären die Passagiere des Space-Liners für kurze Zeit fast schwerelos. Diese Belastungen halten Mediziner auch bei Nicht-Astronauten für erträglich, so Sippel. Eine andere Belastung dürfte Otto Normalverbraucher dagegen als unerträglich empfinden: Der DLR-Koordinator beziffert den Preis eines Flugscheins mit 150 000 Euro. Schwindelerregend sind auch die Entwicklungskosten des Fluggeräts. Sippel kalkuliert mit 30 Milliarden Euro - die Kosten für den Flughafen-Bau nicht eingerechnet. Auf konventionellen Flughäfen könnte ein Space-Liner zwar landen, aber nicht starten.

80 Meter lang und 180 Tonnen schwer soll der Booster werden. Die Orbitalstufe komme auf 60 Meter Länge und habe 150 Tonnen Masse. Sie soll 50 Passagieren Platz bieten. Die gewaltige Startmasse des Weltraumflugzeugs, das Ähnlichkeiten mit dem ausgemusterten Space Shuttle der Nasa hat, hängt mit dem Sicherheitskonzept zusammen. Das Shuttle war für Astronauten lebensgefährlich, weil es kein Rettungssystem besaß, mit dem sich die Mannschaft bei einer Panne in der kritischen Startphase hätte in Sicherheit bringen können. Der DLR-Entwurf sieht dagegen eine 30 Tonnen schwere Passagierkabine vor, die in einem Notfall abgesprengt werden könnte und dank eines eigenen Thermalschutzsystems sogar aus dem Weltraum sicher zur Erde zurückkehren würde, so Sippel. Auf Feststoffraketen werde ganz verzichtet - als Treibstoff für den Booster sollen Wasserstoff und Sauerstoff verwendet werden.

So wird Raumfahrt billiger

Der DLR-Wissenschaftler sieht den Space Liner als eine Möglichkeit, Raumfahrt künftig billiger zu machen. Denn der interkontinentale Passagierflug sei der einzige große Wachstumsmarkt der Weltraumaktivitäten,in dem sich durch Serienfertigung Kosten reduzieren ließen. Mit der Technik, die beim Space Liner genutzt wird, ließen sich nicht nur Passagiere von Kontinent zu Kontinent transportieren, sondern auch reguläre Raumfahrtmissionen starten.

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