Verbraucherschutz Dreiste Produktfälschungen mit Schmähpreis bedacht

Frankfurt · (epd) Bei der „Aktion Plagiarius“ handelt es sich um einen Verein, der seit 1997 Produktfälschungen und Plagiate ausfindig macht. Jedes Jahr wird der Schmähpreis „Plagiarius“ für besonders dreiste Fälschungen verliehen.

Dieses Mal waren nachgemachte „Kayser Sahnekapseln“ zum Aufschäumen von Sahne aufgefallen, die schon bei höherer Raumtemperatur explodieren können. Ein Vertreter des österreichischen Originalherstellers sagte: „Die Fälschung ist lebensgefährlich.“ Die Nachahmungen der mit Gas gefüllten Kapseln seien zudem innen verrostet, das Gas verunreinigt und nicht lebensmittelecht. Der Originalhersteller spricht von einem immensen wirtschaftlichen und Image-Schaden.

„Es gibt einen stetigen Anstieg von Fälschungen und Plagiaten weltweit“, sagte die Direktorin des Design-Centers Baden-Württemberg, Christiane Nicolaus. Jeder Bereich des Lebens sei davon betroffen. Die Fälscher ersparten sich die Investitionen in Wissen, Technik, Design, Herstellung, Marketing und Nachhaltigkeit. Sie erzielten bei geringem Einsatz und Risiko eine riesige Gewinnspanne. Dabei setzten sie die Gesundheit der Konsumenten aufs Spiel, indem sie mitunter auch giftige Stoffe verwendeten. Möglich machten deren Erfolge Käufer, die in einer „Schnäppchen-Mentalität“ das Gefühl für einen angemessenen Preis verlören.

Der Zoll habe in der Europäischen Union 2018 rund 27 Millionen „rechtsverletzende Produkte“ im Wert von 740 Millionen Euro beschlagnahmt, sagt Rechtsanwältin Aliki Busse vom Verein Aktion Plagiarius. „Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs“, denn der Zoll beschränke sich auf Stichproben. Weltweit werde der Umsatz mit Fälschungen und Plagiaten auf 450 bis 500 Milliarden US-Dollar (417 bis 463 Milliarden Euro) im Jahr geschätzt. Die Erscheinungsformen reichten von Designplagiaten über Technologieklau bis zu Markenfälschungen. Die Schäden für die Originalhersteller bestünden in Umsatzeinbußen, Arbeitsplatzverlusten, Imageschaden und geringeren Erträgen für zukünftige Produktentwicklungen.

Der erste Platz des Schmähpreises Plagiarius ging dieses Mal an die chinesische Firma Ningbo A-Biao Plastic Industry & Trade, die ein Küchen-Schneidegerät der Limburger Firma Genius nachmachte. Dabei kopierte der Fälscher das Produkt- und Verpackungsdesign, den Firmen- und Produktnamen sowie Text und Abbildungen der englischsprachigen Bedienungsanleitung. Allerdings seien die verwendeten Materialien minderwertig. Die Schneideklingen seien stumpf und nur locker befestigt, sodass sie leicht ins Essen fallen könnten, sagt der Vertreter des Originalherstellers.

Beflügelt wird der Vertrieb von Fälschungen nach Angaben des Vereins Plagiarius durch den Online-Handel. Auf namhaften Verkaufsplattformen würden neben Originalwaren auch „massenweise rechtswidrige Plagiate und Fälschungen angeboten“. Häufig von Drittanbietern, die nach Bedarf ihren Namen wechselten und sich erfolgreich in der Anonymität des Internets versteckten. Auch nehme die Zahl der Fakeshops zu, die die Websites von Markenherstellern täuschend ähnlich nachmachten oder ausgelaufene Webadressen übernähmen und so Verbraucher in die Irre führten.

Der vom Plagiarius verliehene Schmähpreis soll die Geschäftspraktiken von Produktpiraten und Markenfälschern anprangern. Die Trophäe ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase als Symbol für die enormen Gewinne, die Nachahmer auf Kosten der Erfinder und Hersteller machen. Allerdings habe noch kein Preisträger die Trophäe entgegengenommen, sagte Busse. Doch allein die Ankündigung der Verleihung zeige bei manchen Plagiatoren Wirkung: Zehn Prozent der angeschriebenen Unternehmen gingen daraufhin eine Einigung mit den geschädigten Originalherstellern ein.

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