Muss langsamer Kollege länger arbeiten?

Hamburg · Manchmal dauert es etwas länger im Büro oder Betrieb. Das kennen wohl die meisten Arbeitnehmer. Unangenehm kann es werden, wenn Überstunden zur Regel werden. Nicht alles ist erlaubt, denn es gibt gesetzliche Regelungen.

 Ordnet der Chef Überstunden an, steht Beschäftigten ein Freizeitausgleich oder eine finanzielle Vergütung zu. Foto: Gabbert/DPA

Ordnet der Chef Überstunden an, steht Beschäftigten ein Freizeitausgleich oder eine finanzielle Vergütung zu. Foto: Gabbert/DPA

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Eigentlich ist längst Feierabend, doch ans Nachhausegehen ist noch nicht zu denken. Überstunden sind für manche Arbeitnehmer keine Seltenheit.

Sind Überstunden im Job generell zulässig?

"Das kommt darauf an", sagt Professor Stefan Lunk, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg . Ist dazu nichts im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung festgehalten, müssen Arbeitnehmer keine Überstunden leisten. Gewisse Notfälle können aber Ausnahmen sein.

Dürfen Arbeitnehmer einfach gehen, auch wenn der Chef etwas anderes anordnet?

Nicht ganz, erklärt Fenimore von Bredow, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Köln. Er verweist auf das im Gesetz festgehaltene Weisungsrecht des Arbeitgebers. Demnach kann dieser die Zeit der Arbeitsleistung nach "billigem Ermessen näher bestimmen". Das heißt, er muss die Interessen des Unternehmens und des Arbeitnehmers abwägen. "Wenn man Überstunden verweigert, und im Nachhinein stellt sich heraus, dass der Arbeitgeber sie berechtigterweise angeordnet hat, riskiert man mindestens eine Abmahnung, schlimmstenfalls eine Kündigung", warnt der Experte.

Was ist, wenn die Überstunden im Vertrag geregelt sind?

Arbeitnehmer müssen bei Überstunden immer die Obergrenzen des Arbeitszeitgesetzes beachten. "Außerdem ist jede Überstunde mitbestimmungspflichtig", sagt Stefan Lunk. Gibt es einen Betriebsrat, muss er vorher den Überstunden zustimmen, sofern er das nicht bereits generell für bestimmte Überstunden in einer Betriebsvereinbarung getan hat.

Was ist, wenn Arbeitnehmer regelmäßig länger arbeiten, weil sie die Arbeit sonst nicht schaffen?

"Arbeitgeber müssen die Überstunden anordnen", erklärt Fachanwalt Lunk. Arbeitnehmer können also nicht ungefragt einfach Überstunden machen. Vor allem können sie diese hinterher nicht auch noch anrechnen lassen. Wenn Überstunden nötig sind, um die reguläre Arbeit überhaupt zu schaffen, ist der Betriebsrat gefragt. "Ihm müsste auffallen, dass es sich nicht mehr um Überstunden, sondern faktisch um reguläre Arbeitszeit handelt." Der Betriebsrat sollte dann gegebenenfalls keine weiteren Überstunden mehr genehmigen.

Wie werden Überstunden vergütet?

Das kann im Arbeits- oder Tarifvertrag oder den Betriebsvereinbarungen stehen. Die Klausel "Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten" ist nicht rechtens, erklärt Fachanwalt Bredow erklärt. Der Arbeitnehmer müsse bei Vertragsabschluss wissen, was auf ihn zukommt.

"Eine pauschale Abgeltung sämtlicher Mehrarbeit durch das Gehalt geht nicht." Ansonsten ist es üblich, dass Arbeitnehmer für geleistete Überstunden entweder Freizeitausgleich oder finanzielle Vergütung bekommen. "Die orientiert sich am Stundenlohn des Beschäftigten", erläutert Fenimore von Bredow.

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