Kostenlose Hilfe im Streitfall

Freiburg · Überall in Deutschland entstehen sogenannte „Legal Clinics“. Jura-Studenten bieten hier eine kostenlose Rechtsberatung für Menschen, die sich keinen Anwalt leisten können. Die Freiburger Einrichtung „Pro Bono“ etwa bietet ihre Dienste Studenten an.

 Haben Studenten Ärger mit dem Vermieter oder dem Chef im Nebenjob können sie sich kostenlos von sogenannten „Legal Clinics“ rechtlich beraten lassen. Dort bieten Jura-Studenten ihre Dienst an. Foto: Fotolia

Haben Studenten Ärger mit dem Vermieter oder dem Chef im Nebenjob können sie sich kostenlos von sogenannten „Legal Clinics“ rechtlich beraten lassen. Dort bieten Jura-Studenten ihre Dienst an. Foto: Fotolia

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Bei Patrick Flamm und Alexander Berkle geht es um kleine Fische: Was macht man eigentlich, wenn man eine Schaukel im Garten aufstellen will, aber der Vermieter dies ablehnt, weil er Angst hat, bei einem Unfall haften zu müssen? Und was passiert, wenn man als Mieter keine Schönheitsreparaturen vornimmt: Muss man dann nach seinem Auszug zahlen und wie viel? Flamm und Berkle erklären: "Unsere Fälle haben einen so geringen Streitwert , ein Rechtsanwalt könnte sich dafür nur wenig Zeit nehmen. Ein Student, der zu uns kommt, weiß hinterher: Ich bin gut behandelt worden", sagt Berkle.

Flamm und Berkle, beide Jura-Studenten im siebten Semester, sind Mitgründer von "Pro Bono ", einer kostenlosen Rechtsberatung für und von Studenten in Freiburg . Die Idee hinter "Pro Bono " ist simpel: Jura-Studenten haben damit die Möglichkeit, schon früh in ihrem Studium die juristische Praxis kennenzulernen. Andere Studenten mit einem Rechtsproblem, aber wenig Geld bekommen eine juristische Beratung. Überwacht wird die Beratung von Rechtsanwälten im Hintergrund. "Legal Clinic" wird diese Form der Beratung genannt, die aus den USA kommt und die in Deutschland an Popularität gewinnt.

Wer Hilfe von "Pro Bono " erhofft, der muss sich zunächst an einen Computer setzen: Eine Sprechstunde gibt es nicht, stattdessen ein Kontaktformular. "Wir prüfen dann erst einmal, ob sich der Fall überhaupt für uns eignet", sagt Flamm. Die gut 60 "Pro-Bono"-Berater dürfen beispielsweise keine Fälle mit einem Streitwert von mehr als 750 Euro bearbeiten, keine mit laufenden Fristen, und sie dürfen auch nicht vor Gericht auftreten. "Dann sehen wir zu, dass sich ein Team aus drei bis vier Leuten bildet." Oft komme es anschließend zu einem Treffen mit dem Mandanten, am Ende stehe dann meist ein Lösungsvorschlag. "Den schicken wir an einen unserer anleitenden Anwälte." Erst wenn dieser einverstanden ist, arbeitet das Team ein ausführliches Gutachten aus und unternimmt etwas für oder mit seinem Mandanten. Überwacht wird die Arbeit der Studenten vom Freiburger Rechtsanwalt Klaus Krebs. Er arbeitet wie die anderen 15 "anleitenden Anwälte" ehrenamtlich mit den Studenten zusammen, überprüft ihre Ideen und Lösungswege. "Viel Arbeit habe ich meistens nicht. Die Studenten recherchieren ihre Fälle eigentlich sehr gut", sagt er.

Krebs beteiligt sich an "Pro Bono ", weil er viel davon hält: "Man bearbeitet in einem Jurastudium zwar unheimlich viele Fälle, aber die sind meistens ganz schön praxisfern. Wenn man bedenkt, dass 80 bis 90 Prozent aller Jura-Absolventen später als Rechtsanwalt arbeiten, sind 'Legal Clinics' absolut notwendig." Zudem würden ihre Arbeit auch Bedürftigen zukommen, die sich einen Anwalt nicht leisten könnten.

Besonders ausgeprägt ist die Idee der Gemeinnützigkeit im angelsächsischen Raum: Das Konzept der "Legal Clinics" stammt von dort und hat in seinen Ursprungsländern eine jahrzehntelange Tradition.

So weit ist man in Deutschland noch nicht, was auch daran liegt, dass Einrichtungen wie "Pro Bono " lange Zeit nicht zulässig waren: Erst seit 2008 dürfen auch juristische Laien Rechtsberatung anbieten, sofern sie dabei von Profis unterstützt werden. Die Freiburger Beratung hat am 1. Juni dieses Jahres ihre Arbeit aufgenommen. Ursprünglich war geplant, das Angebot ab 2015 für Nicht-Studenten zu öffnen - aber die Nachfrage allein von Studenten war so groß, dass dieser Plan vorerst nicht weiter verfolgt wird. "Wir müssten dann viele Fälle ablehnen. Damit würden wir nur Leute enttäuschen", sagt Patrick Flamm.

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