Versorgungslücke Ist Verkauf der Lebensversicherung sinnvoll?

Mainz · Die gesetzliche Rente reicht im Alter oft nicht aus. Kapitalbildende Renten- oder Lebensversicherungen können helfen, Versorgungslücken zu schließen. Experten raten, was zu tun ist, wenn es mit den Beitragszahlungen eng wird.

 Um als Rentner mehr Geld im Portemonnaie zu haben, haben viele Menschen eine Renten- oder Lebensversicherung abgeschlossen. Bei diesen Verträgen lässt sich in vielen Fällen noch einiges optimieren.

Um als Rentner mehr Geld im Portemonnaie zu haben, haben viele Menschen eine Renten- oder Lebensversicherung abgeschlossen. Bei diesen Verträgen lässt sich in vielen Fällen noch einiges optimieren.

Foto: dpa-tmn/Felix Kästle

(dpa) In Zeiten niedriger Zinsen sind viele Verbraucher verunsichert: Lohnt sich meine Renten- oder Lebensversicherung überhaupt noch als Altersvorsorge? Eine pauschale Antwort gibt es nicht. Aber eine Bestandsaufnahme könne bei der Entscheidung helfen, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Es sei wichtig, sich mit dem Thema laufend zu beschäftigen. „Vor zehn Jahren abgeschlossen, in 20 Jahren wird ausgezahlt, und es wird schon alles gut gehen, sollte nicht das Motto sein.“

Welchen Vertrag sollte man kündigen und welchen besser nicht?

„Vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossene Altverträge sollten nur in größter Not gekündigt werden“, sagt Michael Wortberg, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Der Vorteil sei, dass sie steuerfrei ausgezahlt werden und die Garantiezinsen bis zu vier Prozent betragen. „Das kriegt man heute mit keiner festverzinsten Anlage mehr. Diese Vorteile holt man nicht durch Kündigung und Wechsel auf.“ Ab 2005 abgeschlossene Neuverträge sind bei der Auszahlung nicht steuerfrei und haben in der Regel eine minimale Garantieverzinsung. Wer überlegt, einen solchen Vertrag zu kündigen, sollte sich beraten lassen, ob sich das lohnt und wie er das freigewordene Geld investieren könnte.

Wie lassen sich Beiträge sparen?

Oft werden die Prämien für kapitalbildende Versicherungen monatlich gezahlt. Viele Versicherer erheben darauf aber teure Ratenzuschläge. „Sie zahlen bis zu fünf Prozent mehr, bezogen auf den Jahresbeitrag“, erklärt Michael Wortberg. Es kann günstiger sein, auf jährliche Zahlungen umzustellen. „Man sollte deshalb beim jeweiligen Versicherer nachfragen“, rät Thomas Menning, Lebensversicherungsexperte beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. „Entweder verringert sich die Beitragszahlung, oder die Versicherungssumme steigt leicht.“ Auch Zusatzversicherungen sollten auf den Prüfstand. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ist etwa eine Unfalltod-Zusatzversicherung nicht notwendig.

Was ist mit einer zusätzlichen Berufsunfähigkeitsversicherung?

Wer den Hauptvertrag kündigt, verliert auch den Nebenvertrag, zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Biete die Police gute Bedingungen und sei die Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll, bekomme man aber nach einer Kündigung des Vertrags keine neue, müsse man den Altvertrag behalten, erklärt Wortberg. Bei den älteren Verträgen insbesondere aus den 1990er Jahren sei die Wahrscheinlichkeit aber hoch, dass die Bedingungen ohnehin nichts taugten. Bei einer Koppelung sollte also zuerst die Berufsunfähigkeitsversicherung auf den Prüfstand, bevor man überlege, was mit dem Hauptvertrag geschehen solle. „Deswegen raten wir von vornherein, diese wichtigen Versicherungen von Altersvorsorgeverträgen zu trennen“, betont Bianca Boss.

Ist eine dynamische Beitragsanpassung sinnvoll?

Im Prinzip schon, denn höhere Beiträge erhöhen den Auszahlungsbetrag. Wer knapp bei Kasse ist, kann der dynamischen Erhöhung aber zwei Jahre hintereinander widersprechen. Doch erst beim dritten Widerspruch erlischt die Dynamik. Bei einer Lebensversicherung kann es aus Sicht von Wortberg allerdings sinnvoll sein, ab einem Alter von etwa 45 Jahren die Dynamik ganz herauszunehmen. Denn je älter man werde, desto mehr von den Beitragserhöhungen fließe in den Risikoanteil der Versicherung und nicht in deren verzinsten Sparanteil.

Worauf muss man achten, wenn man sich vom Vertrag trennen will?

Alle Möglichkeiten sind mit Verlusten verbunden. Der beste Weg ist laut Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, einen Vertrag komplett rückabzuwickeln. Das ist jedoch laut Rechtsprechung nur bei bestimmten Verträgen möglich. Das sollten Verbraucher von unabhängigen Fachleuten prüfen lassen. Zu einer Rückabwicklung sagt Thomas Menning: „Man sollte sich vorher erkundigen, ob es ein seriöses Unternehmen ist, weil es in letzter Zeit schwarze Schafe gab, die die Kunden um ihr Erspartes gebracht haben.“

Ein anderer Weg ist der Verkauf der Police. Auch hier sei Vorsicht geboten, warnt Wortberg: „Wenn jemand sagt „Du kriegst jetzt einen Teil des Geldes und in zehn Jahren das Dreifache nochmal“ bitte die Finger davon lassen!“ Bei einer Kündigung zum Rückkaufswert wiederum werden Sparbetrag und erwirtschaftete Zinsen ausgezahlt. Das ist bei jungen Verträgen aber oft eine Summe weit unter dem Eingezahlten.

Welche Möglichkeiten gibt es noch?

„Auch eine Beitragsfreistellung ist möglich“, sagt Bianca Boss. „Man könnte, wenn es die Versicherungsgesellschaft anbietet, die Beitragszahlungen für eine gewisse Zeit aussetzen oder auch den Vertrag gänzlich umstellen.“ Auch eine Laufzeitverkürzung ist in der Regel möglich. Dadurch könnten sich jedoch wesentliche Vertragsinhalte ändern. Bei Altverträgen könnte sogar die Steuerfreiheit flöten gehen.

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