Euro um Euro für gute Ideen

Berlin · Um ihre Geschäftsidee finanzieren zu können, werben viele junge Unternehmen Geld von vielen Kleinanlegern ein. Diese Anleger hoffen dabei auf großes Wachstumspotenzial und hohe Renditen. Doch was ist, wenn das Unternehmen, an dem man sich finanziell beteiligt, floppt?

Immer öfter sind Leute bereit, sich mit meist geringen Geldbeträgen übers Internet an jungen Unternehmen (Start-ups) zu beteiligen, damit diese in die Puschen kommen. Diese neue Form der Geldanlage wird Crowdinvesting genannt - "Investitionen einer großen Menge von Leuten".

Der Anreiz für die Kleinanleger liegt in der Hoffnung auf hohe Renditen. Investiert wird zum Beispiel in Filmprojekte, Windräder oder umweltfreundliche Strohhalme aus Bambus. "Inzwischen handelt es sich beim größten Anteil der Investitionen um Beteiligungen in Form eines sogenannten partiarischen Nachrangdarlehens", sagt Volker Schmidtke von der Verbraucherzentrale Berlin . "Der Anleger gibt einem Unternehmen Geld , gewährt ihm also einen Kredit und erhält im Gegenzug eine Beteiligung am Gewinn beziehungsweise Wert der Firma."

Auf Internetseiten wie bankless24,Bergfürst, Companisto oder Seedmatch präsentieren sich Firmen, die für ihre Geschäftsidee Geld einwerben wollen. "Die genauen Rendite-Chancen wird man erst ab 2016 sehen, wenn die ersten Projekte ihre Mindestlaufzeit erreicht haben", sagt Ralf Beck, Professor an der Fachhochschule Dortmund . Dennoch ist er davon überzeugt, dass diese Form der Anlagemöglichkeit attraktiv ist, da man ganz früh am Wachstum neuer Unternehmen teilhaben kann. Dadurch seien die Rendite-Chancen hoch, aber auch das Risiko. Ob sich eine Idee durchsetzt, ist nämlich nicht garantiert. "Gerade neu gegründete Unternehmen hoffen, mit ihren Produkten eine Chance am Markt zu haben und sich zu etablieren. Das kann, muss aber nicht funktionieren", sagt Thomas Pfister von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Geht das Unternehmen in Insolvenz oder scheitert das Projekt, besteht die Gefahr, dass die Anleger ihr Geld verlieren."

Nicht allen Start-ups gelingt es, sich zu etablieren. "Erfahrungsgemäß schaffen es ungefähr 50 Prozent der Start-ups nicht, langfristig am Markt zu bestehen", sagt Ralf Beck.

Die meisten Plattformen würden jedoch die Projekte sorgfältig auswählen. "Mehr als 90 Prozent der Start-up-Bewerber fallen an dieser Stelle raus", sagt Beck, der sich auf Gespräche mit Plattform-Betreibern stützt. Geeignet ist die Anlageform des Crowdinvestings für Menschen, die Geld übrig haben. "Wer von einer Idee überzeugt und risikofreudig ist, bereits eine solide Altersvorsorge, eine Liquiditätsreserve und alltägliche Risiken zum Beispiel über eine Haftpflichtversicherung abgesichert hat, kann darüber nachdenken, ob er ein so risikoreiches Investment wagen will", sagt Thomas Pfister. Da ein vorzeitiger Ausstieg meist schwierig ist, sollten Anleger mindestens drei Nettomonatsgehälter beiseite legen, bevor sie überhaupt Geld anlegen. Verbraucherschützer Schmidtke rät: "Bevor man sich für eine Investition entscheidet, muss man das Ganze auf zwei Ebenen überprüfen. Ist die Plattform seriös und ist das Projekt Erfolg versprechend?" Der Geschäftsplan und das Finanzierungskonzept müssten klar ersichtlich und überzeugend sein. Für eine bessere Risikobewertung empfiehlt er, über die Dialog-Funktion, die es bei vielen Plattformen gibt, Fragen an den Anbieter zu stellen. Das sei unter Umständen aufschlussreich.

Thomas Pfister von der Verbraucherzentrale warnt: "Erfahrungsberichte in Foren schützen nicht vor einem möglichen Totalverlust." Deshalb rät er Verbrauchern, darauf zu achten, ob auf den Plattformen Kosten, Mitspracherechte und Rendite-Möglichkeiten dargestellt werden und ob es Informationen dazu gibt, was passiert, wenn das Projekt scheitert. Auf die Risiken des Investments sollte klar hingewiesen werden. Hier gab es nach Erkenntnissen der Verbraucherzentrale Berlin in der Vergangenheit Mängel. Fünf Plattformen mahnten die Verbraucherschützer daher ab. Sie hatten nicht ausreichend auf das Totalverlustrisiko hingewiesen, oder die Information war auf der Seite nur versteckt zu sehen. Teilweise wurde laut Schmidkte nicht darauf hingewiesen, dass die angegebenen Unternehmensbewertungen fiktiv errechnete Werte sind, die nichts mit Bilanzwerten zu tun haben. Eine Plattform hatte zudem für die Geldeinwerbung Maximalwerte angegeben, die sich dann immer wieder erhöht haben.

Mittlerweile haben die Plattformen bankless24, Bergfürst, Companisto, Crowdrange und Seedmatch reagiert. "Sie haben teils durchaus zufriedenstellend die Seiten geändert, jedoch haben nur zwei per Unterlassungserklärung zugesichert, nicht in den alten Stand zurückzuverfallen", sagt Schmidtke.

Beck empfiehlt interessierten Anlegern deshalb auch, in unterschiedliche Plattformen und Projekte zu investieren und nicht nur alles auf ein Projekt zu setzen. Durch eine Streuung sinke die Wahrscheinlichkeit stark, dass der Gesamteinsatz verloren gehe.

Zum Thema:

HintergrundDrei Bücher informieren über Crowdinvesting;Matthias Kletzsch: "Crowdinvesting, Schwarmfinanzierung", ifomk, ISBN : 978-3-732236510, 39,90 Euro.Ralf Beck: "Crowdinvesting: Die Investition der Vielen." - Börsenbuchverlag, ISBN : 978-3-86470-205-1, 29,99 Euro.Stefanie Kühn, Markus Kühn: "Geldanlage für Fleißige", Stiftung Warentest , ISBN : 978-3-86851-357-8, 18,90 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort