Erbrecht Ein Ersatzerbe im Testament ist wichtig

München · Beim Schreiben des letzten Willens ist die entscheidende Frage, wer was bekommen soll. Dabei sollten Erblasser auch daran denken, dass der eigentliche Erbe den Nachlass möglicherweise gar nicht will oder das Erbe nicht antreten kann.

 Wer ein Testament schreibt, ist in der Regel bemüht, alles zu bedenken. Kann etwa der eigentlich eingesetzte Erbe das Erbe nicht antreten, sollte im Testament ein Ersatzerbe benannt sein.

Wer ein Testament schreibt, ist in der Regel bemüht, alles zu bedenken. Kann etwa der eigentlich eingesetzte Erbe das Erbe nicht antreten, sollte im Testament ein Ersatzerbe benannt sein.

Foto: dpa-tmn/Silvia Marks

(dpa) Der letzte Wille steht fest, die Erben sind auserkoren. Doch viele denken beim Abfassen ihres Testaments nicht daran, in dem Schriftstück auch Ersatzerben zu benennen. „Das kann sich als ein gravierender Fehler erweisen“, sagt Wolfram Theiss. Der Münchner Spezialist für Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. So kann es passieren, dass der zunächst eingesetzte Erbe die Erbschaft ausschlägt. Denkbar ist auch, dass eine „Verfügung von Todes wegen“ wirksam angefochten wird – und dann letztendlich ein Ersatzerbe her muss.

Es kann auch vorkommen, dass eine als Erbe eingesetzte Person an dem Tag, an dem der Erblasser gestorben ist, nicht mehr lebt. Dafür ein Beispiel: Vater und Sohn kommen gemeinsam bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Der vom Vater als Alleinerbe eingesetzte Sohn stirbt kurz vor dem Vater. „Wurde ein solcher Fall im Testament nicht berücksichtigt, kann der Nachlass jemandem zukommen, den der Verstorbene vielleicht überhaupt nicht bedenken wollte“, erklärt der Münchner Fachanwalt für Erbrecht, Anton Steiner.

In dem Beispiel würden, sofern keine Ersatzerben benannt wurden, an die Stelle des Sohnes dessen Kinder als Erben treten. Aber das war vielleicht nicht der Wille des Großvaters, dass seine Enkel erben, etwa, weil er sie für zu jung für das Erbe hielt. „Das zeigt, wie wichtig es ist, Ersatzerben zu benennen“, betont Experte Steiner.

Hat ein Erblasser mehrere Erben eingesetzt, von denen jedoch einer vor oder nach dem Erbfall ausfällt, dann erhöht sich durch den Wegfall des einen der Erbanteil der anderen – es sei denn, es wurde auch ein Ersatzerbe benannt. „Im Ergebnis haben also die Miterben ein vergrößertes Erbteil“, erläutert Theiss. Wenn das der Erblasser vermeiden will, muss er von vornherein Ersatzerben in seinem Testament auflisten.

Die Formulierung könnte etwa so ausfallen: „Hiermit setze ich meinen Sohn Marc zu meinem Alleinerben ein. Ersatzerbin ist meine Cousine Daniela Müller.“ Bei mehreren Erben könnte es im Testament heißen: „Hiermit setze ich meine Tochter Claudia und meinen Sohn Eric jeweils zur Hälfte zu Erben ein. Ersatzerbe für meine Tochter Claudia ist mein Cousin Hans Müller und Ersatzerbin für meinen Sohn Eric ist meine Tante Henriette Meyer.“

„Der Ersatzerbe wird nur Erbe, wenn der zunächst berufene Erbe vor oder nach dem Erbfall aus welchen Gründen auch immer wegfällt“, erläutert der Baden-Badener Jurist und Buchautor Otto Bretzinger. Ansonsten gehe der Ersatzerbe leer aus.

Kommt ein Ersatzerbe beim Erben zum Zuge, dann hat er die gleichen Rechte und Pflichten wie der ursprünglich bestimmte Erbe. „Das würde auch bedeuten, dass er eventuell vorhandene Schulden des Erblassers übernimmt“, erläutert Anton Steiner, der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht ist. Unter Umständen ist der Ersatzerbe auch gehalten, bestimmte Auflagen zu beachten.

Wer selbst und ohne juristische Beratung ein Testament aufsetzt, sollte darauf achten, keineswegs die Begriffe Ersatzerbe und Nacherbe zu verwechseln. „Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge“, stellt Otto Bretzinger klar. Im Gegensatz zum Ersatzerbe ist der Nacherbe ein vollwertiger Erbe. Er erbt in jedem Fall, und zwar nach einem vom Erblasser im Testament benannten Vorerben.

Hat etwa in einem Testament eine Ehefrau ihren Mann als Vorerben und ihre Tochter als Nacherbin eingesetzt, dann geht der Nachlass im Todesfall der Ehefrau an den Mann als Vorerben. Stirbt der Mann, dann kommt die Nacherbin zum Zuge. Die Tochter bekommt also den Nachlass.

Ist das Testament indes unklar formuliert und es wird nicht deutlich, ob der Erblasser nun einen „Ersatzerben“ oder einen „Nacherben“ einsetzen wollte, dann droht ein Streit unter den potenziellen Erben. Dann muss ein Gericht eine Testamentsauslegung vornehmen und herausfinden, was wohl der Wille des Erblassers war.

Kommen die Richter dabei nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, dann gilt, was in Paragraph 2102, Absatz 2, des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert ist: „Ist zweifelhaft, ob jemand als Ersatzerbe oder als Nacherbe eingesetzt ist, so gilt er als Ersatzerbe.“ Er hat also im Vergleich zum Nacherben juristisch eine schwächere Stellung.

„Auch bei Vor- und Nacherbschaften sollten in jedem Fall Ersatzerben benannt werden“, rät Wolfram Theiss. Nur so kann die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen und verhindert werden, dass bestimmte Personen gegen den Willen des Erblassers Zuwendungen bekommen.

Wichtig ist auch, dass Klarheit über die Person besteht, egal, ob sie Erbe oder Ersatzerbe ist. So können etwa die Worte „mein Mann“, ohne dass er beim Namen genannt wird, zu Zweifeln führen. Gerade dann, wenn eine Frau mehrfach liiert oder verheiratet war. Gleiches gilt, wenn von der „besten Freundin Gabi“ die Rede ist, ohne dass klar ist, welche Gabi eigentlich gemeint ist. „Das könnte im Zweifelsfall zur Folge haben, dass mehrere Frauen namens Gabi Ansprüche anmelden“, erläutert Steiner.

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