Die Vorteile einer privaten Unfallversicherung

Berlin · Ein Sturz von der Leiter beim Hausputz kann nicht nur gesundheitliche, sondern auch finanzielle Folgen haben. Die gesetzliche Unfallversicherung greift jedoch nicht bei Unfällen in der Freizeit. Lohnt sich also eine private Versicherung?

Die meisten Unfälle geschehen in der Freizeit. Rund neun Millionen Unfallverletzte werden pro Jahr in Deutschland registriert. 5,85 Millionen von ihnen kommen im Haus- und Freizeitbereich zu Schaden. Dann jedoch springt die gesetzliche Unfallversicherung nicht ein, meldet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Sie komme nur zum Einsatz, wenn bei der Arbeit oder auf dem Weg dahin etwas passiert.

Bei Unfällen im Haushalt oder etwa beim Freizeitsport kann aber eine private Unfallversicherung helfen.

Für wen ist es sinnvoll, eine private Unfallversicherung abzuschließen?

Im Grunde für jeden. "Viele haben auch schon eine Unfallversicherung, doch selten ist es eine gute", sagt Michael Nischalke von der Stiftung Warentest . Er hat im vergangenen Herbst als zuständiger Projektleiter mehr als 100 Policen verglichen. Nur fünf schnitten damals "sehr gut" ab. Bei einer schlechten Police reiche die abgeschlossene Leistung im Ernstfall nicht aus. "Dabei bekommen Verbrauc0her eine gute Police schon ab rund 120 Euro im Jahr", sagt Nischalke.

Was zeichnet eine gute Police aus?

Die Police sollte rund um die Uhr und weltweit gelten. Außerdem ist entscheidend, wann man wie viel Geld erhält. Zahlt der Versicherer erst ab einer Invalidität von 20 oder 30 Prozent, lohnt sich der Vertrag nicht. "Der Tarif sollte schon ab einem Prozent Invalidität Leistungen vorsehen", sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Auch eine Versicherung, die nur bei bestimmten Sportarten oder nur in der Freizeit einspringt, sollte man nicht abschließen, warnt sie.

Worauf müssen Sportler vor dem Abschluss achten?

"Wer eine gefährliche Sportart betreibt, sollte prüfen, ob die Police diese auch wirklich abdeckt", erklärt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das gilt besonders für Personen, die ein hohes Unfallrisiko eingehen, also beispielsweise Motorrad fahren, reiten, Fallschirm springen oder klettern. Wer viel draußen in der Natur unterwegs ist, etwa im Gebirge, sollte außerdem darauf achten, ob die Police auch für Bergungskosten aufkommt. Denn sonst kann etwa ein Hubschrauber-Rettungseinsatz für den Betroffenen teuer werden.

Wie hoch sollte die Versicherungssumme sein?

Die Versicherungssumme hängt vom Grad der Invalidität ab. "Sie sollte nicht zu gering sein, damit man anfallende Kosten decken kann", sagt Elke Weidenbach. Als grobe Faustregel gilt: Bei 25 Prozent Invalidität sollte man 25 000 Euro erhalten, bei 50 Prozent 100 000 Euro, und bei 100 Prozent sollten es rund 500 000 Euro sein.

Je höher die Versicherungssumme ist, desto teurer wird in der Regel der Vertrag. Deshalb können Policen mit sogenannter Progression attraktiv sein. Denn dort steigt die ausgezahlte Leistung nicht linear, sondern stufenweise an. Das bedeutet, bei einem hohen Invaliditätsgrad bekommt man ein Vielfaches der vereinbarten Versicherungs-Grundsumme. Wer also beispielsweise einen Vertrag über 100 000 Euro abschließt und dabei eine 500er-Progression wählt, erhält in der Regel bei 100-prozentiger Invalidität dennoch 500 000 Euro vom Versicherer.

Ist die Option auf eine Leistung im Todesfall sinnvoll?

In bestimmten Fällen schon. Wer seine Familie finanziell absichern will, sollte dafür besser eine Risikolebensversicherung abschließen, rät Michael Nischalke. Sie zahlt, wenn der Versicherungsnehmer - also beispielsweise der Hauptverdiener der Familie - stirbt. Dennoch kann die Todesfallleistung im Rahmen der privaten Unfallversicherung sinnvoll sein - und zwar gar nicht unbedingt für den Todesfall. Denn nach einem Unfall vergeht in der Regel viel Zeit, bis der Versicherer den genauen Grad der Invalidität ermittelt hat. Wer aber eine Todesfallleistung abgeschlossen hat, bekommt diese dann in der Regel als Vorschuss, erklärt Hasso Suliak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Ersetzt die private Unfallversicherung eine Berufsunfähigkeitsversicherung?

In der Regel nicht, denn eine Unfallversicherung kann nicht den Verlust der Arbeitskraft absichern. Sie zahlt auch nicht bei einer Erkrankung, sondern nur bei Unfällen. "Viel häufiger sind aber Krankheiten für eine Schwerbehinderung oder bleibende Schäden verantwortlich", erklärt Michael Nischalke von der Stiftung Warentest .

Wenn möglich, sollten Verbraucher also zunächst eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Sie greift, wenn man seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, egal ob die Ursache dafür ein Unfall oder eine Erkrankung ist. "Wer allerdings aufgrund einer Vorerkrankung keine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommt oder sie sich nicht leisten kann, sollte sich anders absichern", rät Bianca Boss. Dann kann die private Unfallversicherung eine Alternative sein.

Braucht man zusätzlich zur Berufsunfähigkeitsversicherung eine private Unfallversicherung?

Das kann sich als Ergänzung lohnen. "Vorausgesetzt, man kann sich beide Versicherungen leisten", sagt Weidenbach. Sie nennt ein Beispiel: Verliert ein Lehrer durch einen Unfall sein Bein, kann danach aber noch arbeiten, zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht. Die Unfallversicherung aber unter Umständen schon, denn hier hängt die Leistung vom Grad der Invalidität ab, die der Versicherte erleidet. "Die private Unfallversicherung zahlt unabhängig davon, ob der Versicherte zusätzlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat", sagt Hasso Suliak. Erhält der Lehrer vom Unfallversicherer Geld, kann er damit etwa eine Haushaltshilfe bezahlen oder seinen Wohnbereich behindertengerecht umbauen.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat einen Ratgeber ins Netz gestellt.

gdv.de/wp-content/

uploads/2015/06/

GDV-5007_Unfall_0615.pdf

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