Mit Geld richtig umgehen Typische Fehler im Umgang mit Geld

Wiesbaden · Psychologin erklärt die Macht der unbewussten Einflüsse bei finanziellen Entscheidungen.

 Gründe, auch immer wieder unnötig Geld auszugeben, gibt es eine Menge. Man will sich zum Beispiel nach einem stressigen Tag beim Internet-Shopping Abwechslung verschaffen oder zieht Befriedigung daraus, andere mit Statussymbolen wie teuren Smartphones zu imponieren. Doch jeder kann sich selbst disziplinieren.

Gründe, auch immer wieder unnötig Geld auszugeben, gibt es eine Menge. Man will sich zum Beispiel nach einem stressigen Tag beim Internet-Shopping Abwechslung verschaffen oder zieht Befriedigung daraus, andere mit Statussymbolen wie teuren Smartphones zu imponieren. Doch jeder kann sich selbst disziplinieren.

Foto: dpa-tmn/Monique Wüstenhagen

(dpa) Immer wieder schaltet sich im Umgang mit Geld die Vernunft aus, beispielsweise wenn man in Online-Shops zuschlägt, obwohl die letzte Rechnung noch gar nicht bezahlt ist, oder man ein neues, teures Smartphone kauft, das man eigentlich gar nicht braucht. Die Psychologin Monika Müller kennt diese Phänomene. Sie arbeitet in Wiesbaden als Finanzcoach. Im Interview erklärt sie typische Fehler im Umgang mit Geld, ihre Ursachen und wie sie sich umgehen lassen.

Viele Leute haben einen irrationalen Umgang mit Geld. Warum?

Monika Müller: Nicht nur viele, alle Menschen gehen mit Geld irrational um. Denn hinter jedem Verhalten mit Geld stecken psychologische Vorgänge. Niemand trifft Entscheidungen nur auf der Basis der Vernunft. Auch Emotionen und Intuition spielen immer eine Rolle. Wir nehmen das nur meist nicht bewusst wahr.

Ich kann also nie rein rational über das entscheiden, was ich mir kaufen will?

Müller: Nein. Geld bringt die Bedürfnisse zum Vorschein, die wir haben. Es gibt negative Dinge, die wir mit Geld verbinden: Schmutz, Macht, Stress oder Abhängigkeit. Und genauso gibt es positive Dinge: Sicherheit, Freiheit, Entspannung oder Energie. In welche Richtung es geht, hängt von unserer Biografie ab. Und danach handeln wir.

Schon im Kindesalter werden wir geprägt. Dafür ein Beispiel: Ein Kind wird von seiner Oma beim Klauen erwischt. Die Oma schaut schief, sagt aber nichts. Niemand hilft dem Kind aus diesem Dilemma. Das wird ihm ein negatives Gefühl vermitteln. Kommt so etwas häufiger vor, ist es wahrscheinlich, dass das Kind als Erwachsener Geld zum Beispiel immer schnell loswerden will. Es hat vielleicht auch nicht die Kraft, als Mitarbeiter eine gute Gehaltsverhandlung zu führen oder dem Partner gegenüber finanzielle Wünsche durchzusetzen.

Das heißt, mein soziales Umfeld hat einen großen Einfluss auf meinen Umgang mit Geld?

Müller: Definitiv. Manche Leute kaufen sich zum Beispiel teure Autos, weil sie Anerkennung wollen. Ein häufiges Muster ist die mentale Kopplung von Geld und Unabhängigkeit. Ich muss mir darüber im Klaren sein, dass mir Geld keine Unabhängigkeit gibt, sondern dass ich die nur in mir finde. Wer vorher nicht unabhängig war, wird es auch nach einem großen Lotto-Gewinn nicht sein. Ich habe diesen Denkfehler häufig in meiner Tätigkeit als Coach für Anleger erlebt: Wenn der Kurs gegen diese Leute läuft, verlieren sie nicht 100 oder 1000 Euro, sondern die Vorstellung von Freiheit und Unabhängigkeit. Deswegen hören die niemals auf.

Ein weiteres Muster ist die Nachahmung: Ich kaufe mir zum Beispiel ein Auto, weil ich jemanden oder einen Personenkreis nachahmen will, der das Gleiche besitzt. Und löse dadurch in mir ein Gefühl von Nähe zu diesen Personen aus.

Was sind andere Situationen, in denen sich unsere Vernunft ausschaltet und wir einfach blind Geld ausgeben?

Müller: Es gibt zum Beispiel interessante Untersuchungen, die zeigen, welche Wirkung Geldscheine auf uns haben. Saubere Geldscheine machen uns großzügiger. Geld in der Hand hat große Auswirkungen auf die Psyche. Das kann Bedürfnisse wecken, die in uns schlummern.

Manche Leute geben beispielsweise blind viel Geld aus, wenn sie vom Bankautomaten mit einem Portemonnaie voller schöner, neuer Geldscheine kommen, weil ihnen das ein Gefühl von Leichtigkeit vermittelt.

Es ist offenbar typisch, dass viele blind Geld ausgeben, wenn sie nach einem anstrengenden Tag im Beruf ein paar Online-Shopping-Seiten durchforsten. Wie bewerten Sie das?

Müller: Diese Menschen haben sich den ganzen Tag kontrolliert, haben etwas geleistet. Jetzt lassen sie einfach mal los – und das ist okay. Das ist ein ganz normales Bedürfnis nach einem anstrengenden Arbeitstag, sich so zu entspannen. Eine finanzielle Entscheidung sollte man aber erst einmal aufschieben. Man kann zwar das gewünschte Produkt in den virtuellen Einkaufskorb legen, sollte es aber erst am nächsten Tag kaufen. Dann kann man das Gefühl, das beim Online-Shoppen entsteht, zulassen, die Entspannung, die Vorfreude, ohne gleich etwas kaufen zu müssen.

Davon abgesehen ist ja auch die Frage interessant, ob man sich das Produkt leisten kann. Der Wert, den eine Sache für jemanden hat, entsteht häufig erst mit dem Besitz. Wenn einer zum Beispiel ein sehr teures Smartphone intensiv nutzt und alle Möglichkeiten ausschöpft, entfaltet der Gegenstand einen richtig hohen Wert für ihn. Dann ist es auch gerechtfertigt, einen hohen Preis dafür zu zahlen.

Wie sollen wir also Kaufentscheidungen treffen?

Müller: Der Hirnforscher Gerhard Roth schreibt, dass die beste Finanzentscheidung eine intuitive, aufgeschobene Entscheidung ist. Im ersten Schritt sollten wir Informationen sammeln. Diese sollten wir dann auf uns wirken lassen, eine kleine Pause machen, das Unterbewusstsein das verarbeiten lassen. Und danach kann man die bestmögliche Entscheidung in Bezug auf Geld treffen.

Das klingt erstmal leichter gesagt als getan.

Müller: Ich versuche in meiner Arbeit, den Menschen beizubringen, dass sie die Emotionen, die jeder bei Geld hat, ruhig erstmal zulassen. Beim Blick auf den Kontoauszug darf ich mich ärgern, Angst haben oder freuen. Das Entscheidende ist, dass diese Gefühle keine Gefühle werden, die unsere Handlungen leiten. Das geht nur, wenn wir verstehen, wie Geld auf unsere Psyche wirkt. Dann durchschauen wir auch den Wirkmechanismus.

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