Die nächste Eiszeit fällt aus

Potsdam · Nach den langfristigen Klimazyklen der Erde, die von der Sonne gesteuert werden, wäre binnen der kommenden 50 000 Jahre die nächste Eiszeit zu erwarten. Doch die fällt vermutlich aus. Der vom Menschen verursachte Klimawandel scheint die Schwankungen der Sonnenaktivität aufzuheben.

 Die sogenannten Schmelzwasserseen in der Arktis sind ein beliebtes Fotomotiv. Für Klimaforscher sind sie ein Vorzeichen des sich gefährlich beschleunigenden Tauwetters rund um den Nordpol. Foto: AWI

Die sogenannten Schmelzwasserseen in der Arktis sind ein beliebtes Fotomotiv. Für Klimaforscher sind sie ein Vorzeichen des sich gefährlich beschleunigenden Tauwetters rund um den Nordpol. Foto: AWI

Foto: AWI

Auf der Erde beeinflussen nicht nur der Rhythmus von Tag und Nacht und der Wechsel der Jahreszeiten die Lebensbedingungen. Es gibt auch sehr viel langsamere Zyklen. Dazu gehören globale Schwankungen der Temperatur, wie sie zum Beispiel der Wechsel von Eis- und Warmzeiten auslöst. Diese Veränderungen untersucht das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Bei der Entwicklung einer Eiszeit spielen Unterschiede in der Sonneneinstrahlung, aber auch Schwankungen des Kohlendioxid-Gehalts der Erdatmosphäre eine Rolle. Mit einem Computermodell, das Atmosphäre, Ozeane, die Eiskappen der Pole und den globalen Kohlenstoffzyklus der Erde berechnete, haben die Potsdamer Wissenschaftler die Klimaentwicklung vorherzusagen versucht - und sind dabei, wie sie berichten, auf einen verblüffenden Effekt gestoßen. Die nächste Eiszeit könnte schlichtweg ausfallen. "Der Mensch", so das Klimaforschungsinstitut, sei "zu einer geologischen Kraft geworden, die den Beginn der nächsten Eiszeit unterdrücken kann".

Ohne den menschgemachten Klimawandel wäre die nächste Eiszeit in etwa 50 000 Jahren fällig, erklärt der Autor der Untersuchung, Andrey Ganopolski. Die Potsdamer Berechnungen zeigten jedoch, dass bereits relativ geringe zusätzliche Kohlendioxid-Emissionen aus der Verbrennung von Erdöl, Kohle und Gas ausreichten, um die kommende Eiszeit um weitere 50 000 Jahre zu verzögern. "Unter dem Strich bedeutet dies, dass wir einen kompletten Eiszeitzyklus überspringen, was beispiellos ist." Der Mensch sei damit heute in der Lage, "einen der fundamentalen Mechanismen zu stören, die die Welt geformt haben, wie wir sie heute kennen".

Die Suche nach den Ursachen von Eiszeitzyklen gehört zu den wichtigsten Fragen der sogenannten Paläo-Klimatologie, wie die Wissenschaft von den Klimaveränderungen genannt wird. Für gewöhnlich steht eine Periode, in der die Strahlungsenergie der Sonne im Sommer gering ist, am Anfang einer neuen Eiszeit. Diese Bedingung wäre eigentlich bereits teilweise erfüllt, so das Klimaforschungsinstitut. Jedoch gebe es in den Messdaten zur Klimaentwicklung überhaupt keinen Hinweis auf den Beginn einer solchen Entwicklung.

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