Arbeitsrecht Arbeitsrechtliche Fragen zum Coronavirus

Riedlingen · Wird weiterhin Gehalt gezahlt, wenn ein Betrieb vorübergehend schließen oder ein Beschäftigter in Quarantäne muss?

Eine Krankenschwester verarbeitet in einem Krankenhaus einen Behälter mit einer Probe mit einem Nasenabstrich eines Patienten, der auf das neuartige Coronavirus getestet wird.

Eine Krankenschwester verarbeitet in einem Krankenhaus einen Behälter mit einer Probe mit einem Nasenabstrich eines Patienten, der auf das neuartige Coronavirus getestet wird.

Foto: dpa/Jean-Christophe Bott

Messen und andere Veranstaltungen werden abgesagt, Kindergärten und Schulen werden geschlossen und Arbeitsplätze bleiben leer. Das Coronavirus hat den Arbeitsalltag erreicht. Wie sich die rechtliche Situation für Arbeitnehmer im Fall von Quarantäne, Zwangsurlaub und geschlossenen Kindergärten gestaltet, erklärt Professor Dr. Simon Fischer, Experte für Wirtschaftsrecht an der SRH Fernhochschule in Riedlingen.

Wer zahlt das Gehalt im Krankheitsfall?

Im ersten Schritt gilt bei einer Erkrankung infolge einer Corona-Infektion dasselbe wie bei anderen Krankheitsfällen. Man meldet sich beim Arbeitgeber unverzüglich krank und lässt sich vom Arzt krankschreiben. Dann zahlt der Arbeitgeber für maximal sechs Wochen das Gehalt in voller Höhe weiter. Innerhalb dieses Zeitraums wird man in der Regel wieder gesund. Sollte das nicht der Fall sein, zahlt die Krankenkasse im Anschluss das sogenannte Krankengeld.

Gibt es bei Quarantäne Entschädigung?

Sollte es sich um eine staatlich angeordnete Quarantäne handeln und dem Arbeitnehmer dadurch die Ausübung seines Berufs für eine bestimmte Zeit untersagt werden, merkt der betroffene Arbeitnehmer kaum einen Unterschied zur oben beschriebenen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Denn nach dem Infektionsschutzgesetz (Paragraf 56 IfSG) erhält der Arbeitnehmer sechs Wochen lang eine Entschädigungsleistung, die der Höhe des Verdienstausfalls entspricht.

Dies gilt natürlich nur, wenn er tatsächlich nicht arbeiten darf und einen Verdienstausfall hat. Für Arbeitnehmer, die ohnehin zu Hause arbeiten können (Homeoffice), gibt es jedoch keine Entschädigung.

Im wohl unwahrscheinlichen Fall, dass die Quarantäne länger als sechs Wochen dauert, würde ab der siebten Woche eine Entschädigung gezahlt, die den Leistungen des Krankengeldes entspricht.

Wird die Entschädigungsleistung rückerstattet?

Die Entschädigungsleistung zahlt der Arbeitgeber. Die Beträge kann er sich jedoch später vom Staat erstatten lassen. Hier ist es für den Arbeitgeber wichtig, dass er die dreimonatige Antragsfrist nicht versäumt. Die Entschädigung gibt es auch für Selbstständige.

Muss ein infizierter Arbeitnehmer den Arbeitgeber informieren?

Auch wenn von den Behörden keine Quarantäne angeordnet wird, muss ein am Coronavirus erkrankter Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber unverzüglich über die Infektion informieren. Denn der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter und somit auch für die nicht infizierten Kollegen. Arbeitgeber können in diesem Fall ihre Beschäftigten anweisen, zu Hause zu arbeiten, oder, sollte dies nicht möglich sein, den infizierten Arbeitnehmer freistellen.

Was passiert, wenn der Betrieb schließt oder Arbeitnehmer freigestellt werden?

Wenn der Arbeitgeber sich entscheidet, seine Arbeitnehmer nicht arbeiten zu lassen, muss er trotzdem weiter das Gehalt bezahlen. Seinen Urlaub muss man dafür nicht opfern. Hier liegt ein Fall des sogenannten Annahmeverzugs vor (Paragraf 615 BGB).

Wer kümmert sich um ein an Corona erkranktes Kind?

Hier gilt dasselbe wie bei anderen Erkrankungen eines Kindes. Wenn das Kind während der Krankheitsphase der Beaufsichtigung und Betreuung bedarf, muss sich ein Elternteil dies vom Arzt attestieren lassen. Dieses Attest wird umgangssprachlich Kindkrankschreibung genannt. In diesem Fall springt die Krankenkasse ein und zahlt dem Arbeitnehmer ein Krankengeld (Paragraf 45 SGB V).

Anspruch auf dieses Krankengeld hat man jährlich für zehn Tage je Kind, bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage je Kind. Bei drei und mehr Kindern sind es maximal 25 Tage im Jahr und bei Alleinerziehenden entsprechend 50 Tage. Für die Dauer dieser Kindkrankschreibung hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Freistellung gegenüber seinem Arbeitgeber und darf der Arbeit fernbleiben. Der Arbeitgeber schuldet für diese Zeit der Freistellung natürlich kein Gehalt.

Was gilt, wenn Kindergarten oder Schule bei Infektionsverdacht geschlossen bleiben?

Da das Kind nicht krank ist, greift die Kindkrankschreibung nicht. Somit ist Organisationstalent gefragt. Man kann auf ein optimales Umfeld hoffen, in dem zum Beispiel die Großeltern oder andere Familienmitglieder, vielleicht sogar gute Freunde einspringen können.

Wo das nicht geht, wird man sich mit dem Arbeitgeber einigen müssen. Vielleicht hat man Glück und er gewährt nicht nur kurzfristig noch nicht verplante Urlaubstage, sondern rundet auch großzügig auf. Einen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung gibt es in diesen Fall aber leider nicht.

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