„30 Millionen Deutsche haben ein Schilddrüsenleiden“

Die Heilpraktikerin und Journalistin Kyra Hoffmann aus Hofheim am Taunus moderiert auf Facebook die Gruppe „Jod, das unbekannte Heilmittel“. Hier können sich Therapeuten und Patienten informieren und austauschen. Mit der Expertin sprach unsere Mitarbeiterin Ulrike Gonder.

Frau Hoffmann, es gibt kaum noch Jodmangel-Kröpfe in Deutschland, ist also alles okay?

Kyra Hoffmann: Der Kropf ist Zeichen eines ausgeprägten Jodmangels, bei weniger ausgeprägten Formen spricht man von Struma. Auch wenn Kröpfe hierzulande heute selten sind, so gibt es doch viele Strumen. Die werden meist früh operiert, sodass es erst gar nicht zum Kropf kommt. Dennoch haben aktuell 30 Millionen Deutsche ein Schilddrüsenleiden, fast jede dritte Frau nimmt Schilddrüsenhormone ein. Ich habe mich schon immer gefragt, wie das sein kann.

Also beschäftigten Sie sich intensiver mit dem Thema Jod ?

Hoffmann: Mein Kollege Sascha Kauffmann und ich stießen auf die Forschungsarbeiten von Dr. Jorge Flechas aus den USA. Es folgten eigene Recherchen und der intensive Austausch mit vielen Experten. Das hat unsere Ansichten über Jod radikal verändert. Jod wird immer nur in Zusammenhang mit der Schilddrüse diskutiert. Dabei brauchen alle Körperzellen Jod . Auch viele Ärzte wissen nicht, dass die Eierstöcke genau so viel Jod brauchen wie die Schilddrüse, dicht gefolgt von Brust- und Gehirnzellen. Aktuelle klinische Studien bestätigen, dass Jodmangel mit gut- und bösartigen Brusterkrankungen in Zusammenhang steht. Anhand unserer Patienten können wir sagen: Jodmangel, der nicht nur die Schilddrüse betrifft, ist weiter verbreitet, als man denkt.

Bei welchen Beschwerden denken Sie an einen Jodmangel?

Hoffmann: Es gibt eine Reihe typischer, aber unspezifischer Jodmangel-Symptome, wie Müdigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, niedrige Körpertemperatur, schnelles Frieren und Frösteln und die Unfähigkeit zu schwitzen. Sie werden oft als Befindlichkeitsstörungen abgetan. Unsere Patienten berichten, dass sich diese Beschwerden bei optimaler Jodversorgung schnell bessern.

Wie lässt sich ein Mangel denn feststellen?

Hoffmann: Die übliche Messung der Jodausscheidung im Spontan-Urin berücksichtigt nur den Bedarf der Schilddrüse. Ich empfehle daher die Jodmessung im über 24 Stunden gesammelten Urin, ein Test, den die amerikanischen Ärzte Guy Abraham und David Brownstein entwickelt haben. Er ist genauer und berücksichtigt den gesamten Körperbedarf an Jod . Die Kosten liegen bei rund 60 Euro.

Reicht es dann, zweimal pro Woche Fisch zu essen und mit Meersalz zu würzen?

Hoffmann: Nein! Auch ich war mir sicher, genug Jod aufzunehmen, zumal ich sehr gerne Fisch esse und jodiertes Meersalz verwende. Als ich nachrechnete, kamen damit höchstens 120 Mikrogramm zusammen. Empfohlen werden aber 180 bis 200 Mikrogramm täglich. Wenn man nun noch bedenkt, dass sich diese Empfehlung nur am Jodbedarf der Schilddrüse orientiert und die anderen Organe gar nicht berücksichtigt, wird klar, dass selbst das viel zu wenig ist. Übrigens enthält Meersalz nicht mehr Jod als nicht jodiertes Steinsalz.

Was empfehlen sie?

Hoffmann: Mehrmals in der Woche Seefisch, Meeresfrüchte und auch Algen essen, die sehr jodreich sind. Die Japaner machen uns vor, wie es geht. Sie kommen mit dieser Ernährung auf ein bis 13 Milligramm Jod täglich. Das ist 65-mal so viel wie bei uns empfohlen wird. Zugleich ist in Japan die Lebenserwartung am höchsten und die Krebsrate am niedrigsten. Algen waren auch in unseren Breiten durchaus verbreitet, etwa in der traditionellen bretonischen und walisischen Küche. Wie man alle Körperzellen bestens mit Jod versorgen kann, habe ich zusammen mit Sascha Kauffmann in unserem neuen Buch "Jod - ein vergessenes Heilmittel" ausführlich beschrieben. Es erscheint im April 2016.

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