ANZEIGE Leben mit Krebs Die Diagnose, die das Leben für immer verändert

Homburg · Maria Cacacciola-Ketter hat den Brustkrebs überlebt. Doch auch wenn der Tumor weg ist – die Angst wird bleiben.

Onkologisches Zentrum
Foto: Spellbynder

An diesem Tag Ende Januar 2014 hätte Maria Cacacciola-Ketter eigentlich feiern wollen. Mit ihrer Tochter, die gerade 16 geworden war. Stattdessen saß sie in der Homburger Uni-Klinik. „An diesem Tag hatte ich meine erste Chemo“, erinnert sich die 52-Jährige. Zwei Wochen vorher hatte sie beim Duschen einen Knoten an ihrer Brust getastet. Am nächsten Tag rief sie von der Arbeit aus ihre Frauenärztin an. „Sie gab mir am selben Tag noch einen Termin, und ich fuhr nach Feierabend direkt von meiner Praxis zu ihr“, erzählt die Allgemeinmedizinerin. Da ahnte sie noch nicht, dass sie ihre eigene Praxis in Schönenberg-Kübelberg erst ein Jahr später wieder betreten würde.

Hat der behandelnde Arzt eine Krebserkrankung in Verdacht, geht alles ganz schnell. Ultraschall, Biopsie, Chemotherapie. Als Ärztin wusste Cacacciola-Ketter, was bei dieser Diagnose auf sie zukommen würde. Doch auch dieses Wissen macht die Situation nicht weniger schlimm. Denn das Wichtigste weiß man nicht. Nämlich wie es ausgeht. „Als mein Mann und ich meiner Tochter von meiner Krankheit erzählten, fragte sie mich, ob ich nun sterbe würde. Ich hatte keine Antwort dazu“, sagt sie und kämpft mit den Tränen. Auch fünf Jahre danach, auch wenn sie nun alle Behandlungen erfolgreich hinter sich gebracht hat und mittlerweile selbst wieder als Ärztin arbeiten kann, die Erinnerungen an diese schlimmen Momente bleiben für immer. „Man hat einfach Angst zu sterben, manche Sachen nicht mehr erleben zu können. Man denkt daran, was man alles noch machen wollte“, sagt sie.

Die akute Todesangst, sie ist weg. Nach fünf Jahren ohne Rückfall gilt ein Krebspatient als geheilt. Die Angst, dass der Krebs wieder kommt, sie wird Maria Cacacciola-Ketter jedoch ihr Leben lang begleiten. „Es gibt Tage, an denen es gut läuft und ich kaum daran denke. Und es gibt die Tage, an denen es schwieriger ist. Da muss man Strategien entwickeln, damit zu leben, ohne dass die Angst das eigene Leben dominiert.“

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Foto: Spellbynder

Cacacciola-Ketters Strategie hat viel mit Bewegung und Natur zu tun. Auch damals schon, als die Krankheit über sie und ihr Leben hereinbrach. Zwischen Januar und Mai hatte sie alle zwei Wochen einen Termin in Homburg zur Chemotherapie. „Ich wohne drei Kilometer von der Uniklinik. So oft es ging, habe ich versucht, zu Fuß hinzulaufen, auch wenn der Rückweg sehr anstrengend war.“ Dabei waren drei Kilometer Fußweg in ihrem Leben vor der Erkrankung ein Klacks. „Früher bin ich Marathon unter vier Stunden gelaufen“, sagt sie und es schwingt eine Menge Nostalgie mit. Aber auch eine gewisse Genugtuung: „Ich laufe heute immer noch. Zwar über fünf Stunden, aber ich gehe ja auch mit anderen Erwartungen als damals an den Start. Einfach mit der Dankbarkeit, mitlaufen zu dürfen und noch am Leben zu sein.“

Auf die Chemotherapie folgt die OP. Ihr wird ein Teil der Brust entfernt. Als sie ein paar Tage danach nach Hause entlassen wird, beginnt die Strahlentherapie. Jeden Tag, sechs Wochen lang. Als das geschafft ist, geht sie in die Reha an die Nordsee, „an die frische Luft“, wie sie sagt. Warum jemand an Krebs erkrankt, kann man nicht sagen. Natürlich kann ein bestimmtes Verhalten das Risiko verschärfen. Doch es kann jeden treffen, wie der Fall von Maria Cacacciola-Ketter zeigt. Sie ist sportlich, trinkt keinen Alkohol, raucht nicht. Als gebürtige Italienerin kocht und isst sie nach der mediterranen Ernährungsweise, die von Medizinern so oft gelobt wird. Doch eine Garantie, nicht an Krebs zu erkranken, gibt es nicht. Und auch wer körperlich und psychisch stark ist, ist der Krankheit ausgeliefert.

Auch wer versucht, die Kontrolle über sein Leben zu behalten, stößt an Grenzen. Als nach den ersten Sitzungen Chemotherapie immer mehr Haare ausfielen, hielt es Cacacciola-Ketter nicht mehr aus. „Ich wusste, dass mir die Haare ausfallen würden. Ich bin Ärztin, ich kenne die Therapie, ich war aufgeklärt. Trotzdem konnte ich das nicht ertragen.“ Also ging sie zur Friseurin, ließ die restlichen Haare zur Glatze rasieren und zog von diesem Tag an Mützen an. Auch nachts. „Man glaubt es nicht, aber es wird einem unglaublich kalt nachts ohne Haare.“ Dafür erntet sie komische Blicke im Supermarkt. Die Leute reden. „Man fühlt sich schon stigmatisiert. Dabei ist es das Letzte, was Kranke in dieser Situation, wo sie um ihr Leben bangen, brauchen.“ Doch es gibt auch andere Rückmeldungen von der Außenwelt. Die bedingungslose Unterstützung durch Familie und Freunde. Die Ermunterung durch ihre Mitarbeiterinnen in der Praxis, wo sich in der Zwischenzeit eine Vertretung um ihre Patienten kümmert. Diese Patienten, die ihr Briefe schreiben, Karten schicken, CDs schenken und ihr die Daumen drücken. „Allein schafft man das nicht“, ist sie sich ganz sicher.

Wer mit einem solchen Schicksalsschlag konfrontiert ist, braucht aber auch professionelle Hilfe. „Während des stationären Aufenthaltes im Krankenhaus wird man von der Psychoonkologie betreut, doch eine solche Unterstützung ist auch nach einer erfolgreichen Behandlung wichtig“, meint Cacacciola-Ketter. Vor allem um zu lernen, mit der Angst weiter umzugehen, auch wenn die Symptome verschwunden sind. Auch deshalb gründete die Ärztin 2015 den Verein „Miteinander gegen Krebs“, der jährlich den Spendenlauf „Cross against cancer“ veranstaltet. Das gesammelte Geld wurde in diesem Jahr der Saarländischen Krebsgesellschaft e.V. zur Finanzierung der psychoonkologischen Beratung gespendet.

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