Nicht so klimafreundlich wie gedacht Kehrtwende bei Regeln für Heizen mit Holz

Saarbrücken/Trier · Hitzig wird debattiert, wie umweltfreundlich und sinnvoll es ist, mit Holz zu heizen. Bisher wurde diese Heizart gefördert – doch damit könnte bald Schluss sein.

Von der Vorstellung, dass Holz zu verbrennen klimafreundlich ist, rücken immer mehr Experten ab. Bald soll es dafür neue Regeln geben.

Von der Vorstellung, dass Holz zu verbrennen klimafreundlich ist, rücken immer mehr Experten ab. Bald soll es dafür neue Regeln geben.

Foto: picture alliance / dpa/Angelika Warmuth

Ist es klimaneutral, mit Holz zu heizen? Ist es umweltfreundlich und handelt es sich bei Holz um eine erneuerbare Energie? Bis vor kurzem hätte man in Deutschland wohl all diese Fragen ohne zu zucken mit Ja beantwortet. Das hat sich geändert. Und das hat Konsequenzen – wie der Entwurf des neuen Gebäudeenergiegesetzes zeigt, das Heizen mit Holz stark reglementieren will.

In Deutschland vollzieht sich aktuell nicht weniger als ein Paradigmenwechsel. Also der Wechsel von einer wissenschaftlichen Grundauffassung zu einer anderen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:

Ist Heizen mit Holz klimaneutral?

„Heizen mit Holz ist entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht klimaneutral“, schreibt das Bundesumweltministerium. Die Holzverbrennung produziere neben Feinstaubemissionen auch CO₂ und andere klimarelevante Emissionen wie Methan. „Pro produzierter Wärmeeinheit sind die CO₂-Emissionen sogar höher als bei fossilen Energieträgern wie Kohle oder Gas.“

Wie kommt es dann, dass die Annahme, Heizen mit Holz sei klimaneutral, so weit verbreitet ist?

Das liegt auch an den Regeln der europäischen Klimaberichterstattung. Gemäß der Logik dieser internationalen Regeln fallen die Emissionen bereits an, wenn das Holz geerntet wird. „Sie werden daher dem Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) zugeschrieben“, erklärt das Umweltministerium. Dem Gebäudesektor werden sie hingegen nicht zugerechnet, auch wenn das Holz im heimischen Kamin landet. Denn eine doppelte Anrechnung der CO₂-Emissionen sei nicht zulässig. „Betrachtet man den Sektor, in dem das Holz letztlich verfeuert wird, in Isolation, erscheint die Nutzung klimaneutral. Betrachtet man eine Gesamtbilanz über alle Sektoren, ist das nicht der Fall.“ Gemäß der EU-Richtlinie entstehen beim Verfeuern von Holz in Kaminen lediglich 25 Gramm CO₂/Kilowattstunde, in Kesseln oder Pellets sogar nur 18 Gramm. Berechnet werden dabei allerdings nur die Emissionen, die bei Ernte, Transport und Aufbereitung des Holzes zu Buche schlagen, sowie die bei der Verbrennung entstehenden weiteren Treibhausgase wie Methan und Lachgas.

Wie viel CO₂ entsteht wirklich bei der Verbrennung von Holz im Vergleich mit anderen Brennstoffen?

Berechnungen, die das Umweltbundesamt (UBA) auf Anfrage bereitstellt, zeigen, dass der tatsächliche Treibhausgas-Ausstoß beim Verbrennen von Holz um ein Vielfaches höher liegt und tatsächlich höher ist als der einiger fossiler Energieträger. So entstehen beim Heizen mit fester Biomasse wie Scheitholz in Kaminöfen 392 Gramm CO₂/Kilowattstunde und in Kesseln oder mit Pellets immer noch 386 Gramm CO₂/Kilowattstunde. Damit schneidet Holz zwar besser ab als Braunkohlebriketts (445 Gramm CO₂/kWh) oder Steinkohle (433 Gramm), aber schlechter als Heizöl (313 Gramm CO₂/kWh) oder Erdgas (244 Gramm CO₂/kWh).

Aber wenn alles geerntete Holz wieder nachwächst, dann ist das doch ein geschlossener Kreislauf – oder etwa nicht?

Theoretisch ja, aber inzwischen gibt es laut Umweltbundesamt einige Zweifel daran, „dass der natürliche Kohlenstoffkreislauf weiter so verlässlich funktioniert“. „Gerade der Wald ist Störungen infolge des Klimawandels besonders stark ausgesetzt. Forstmonokulturen, Stürme und Trockenheit führen dazu, dass Bäume absterben, Schädlinge sich leichter ausbreiten und noch mehr Bäume vernichten“, schreibt das Öko-Institut zu dieser Thematik. Schätzungen zufolge würden solche Störungen dazu führen, dass die europäischen Wälder von 2021 bis 2030 jährlich 180 Millionen Tonnen weniger CO₂ speichern und die Netto-Waldsenke um mehr als 50 Prozent schrumpfe. Aber auch Waldbrände setzten große Mengen vormals gespeichertes CO₂ frei. Das Umweltministerium ist zudem der Ansicht, dass der Wald nicht dazu da ist, CO₂-Emissionen der Holzverbrennung zu kompensieren. Diese Kohlenstoff-Einbindungen „sollten besser zum Ausgleich anderer, nicht vermeidbarer CO₂-Emissionen genutzt werden“. Umweltverträglicher, als das Holz zu verbrennen, sei die Nutzung in langlebigen Holzprodukten. So bleibt der zunächst im Baum gespeicherte Kohlenstoff auch im Holzprodukt wie beispielsweise einem Möbelstück lange gespeichert.

Spielt der Faktor Zeit bei der neuen Betrachtungsweise eine Rolle?

Ja. Denn um die Klimaziele zu erreichen und eine Erderwärmung auf mehr als 1,5 Grad zu verhindern, bleibt nicht viel Zeit. Das freigesetzte CO₂ trägt laut Umweltbundesamt nur dann nicht zur Erderwärmung bei, wenn nur so viel Holz genutzt werde, wie „verlässlich zeitnah nachwächst“. Eine EU-Studie zeigte, dass dies nur für sehr bestimmte und kleine Anteile von in der EU gewonnenen Holzsortimenten sichergestellt werden könne. Darunter „Waldresthölzer mit geringem Durchmesser“. Im besten Fall sind die Emissionen der Studie zufolge aber dennoch zehn bis 20 Jahre lang genauso hoch oder höher als jene fossiler Brennstoffe. Die klimapolitische Bewertung hänge stark von Art und Herkunft des Energieholzes ab. Am schlechtesten ist demnach Wald-Stammholz gefolgt von Wald-Restholz, Sägerestholz bis hin zu Altholz.

Welche anderen Gründe für die Abkehr von der Holzverbrennung gibt es?

Das Umweltbundesamt rät auch wegen der hohen Schadstoff-Emissionen vom Heizen mit Holz ab. „Holzheizungen haben verglichen mit Öl- und Gasheizungen sowie Wärmepumpen die höchsten Emissionen von Feinstaub und gasförmigen Luftschadstoffen“, schreibt das Umweltbundesamt. Darunter seien auch krebserregende Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe. Für 20 Prozent des Feinstaubs seien Holzheizungen in Deutschland verantwortlich – sie stießen mehr aus als sämtliche Autos und LKW zusammen.

Ist Holz eine erneuerbare Energie?

Während EU-Kommission, EU-Parlament und der Rat zur Erneuerbaren Energien-Richtlinie (RED III) Ende März gerade erst beschlossen haben, dass Brennholz weiterhin als erneuerbarer Energieträger einzustufen ist, will die Bundesregierung – so sieht es der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes vor – reine Holz-Heizungen künftig nicht mehr als erneuerbar anerkennen.

Gibt es Kritik an der neuen Sichtweise?

Die noch recht junge Neubewertung des gesamten Themas Heizen mit Holz ist sehr umstritten. Viele Waldbesitzer sehen das ebenso skeptisch wie die Holz- und Sägeindustrie, Pellethersteller, Ofenbauer, Brennholzanbieter, Kaminstudios, Förster und natürlich auch sehr viele Menschen, die es genießen, abends ihr Feuer im Kamin knistern zu hören (wobei das ja gar nicht verboten werden soll). Beim Thema Heizen mit Holz wird die Debatte schnell emotional.

Welche Gegenargumente gibt es?

„Das ist alles vollkommen unverständlich“, sagt Gundolf Bartmann, Leiter des Trierer Forstamts und engagierter Klimaschützer. Holz sei ein Rohstoff, der fossile Energieträger ersetze. Das Brennholz, das man aus dem Gemeindewald oder bei örtlichen Brennholzhändlern kaufe, stamme aus zertifizierten Wäldern, „die zu 100 Prozent nachhaltig bewirtschaftet werden“. Das bedeutet nicht nur, dass dort nie mehr Holz entnommen werden darf, als nachwächst. Auch auf den Nährstoffkreislauf achte man – also darauf, dass immer genug Totholz vor Ort bleibt. „Es wird auch kein reiner Brennholzeinschlag gemacht“, betont Bartmann. Brennholz sei meist ein Nebenprodukt der Waldpflege: Bei Durchforstungen entferne man schwache Bäume, um starke zu fördern. Der starke Baum schließe daraufhin sofort die Lücke, die der schwache hinterlassen habe und so werde sogar noch mehr CO₂ gebunden, als wenn man den schwachen Baum hätte leben lassen. „Den können wir liegen lassen, dann verfault er und setzt langsam CO₂ frei oder wir machen ihn zu Brennholz“, sagt Bartmann. Ein anderer Teil des Brennholzes wird aus Baumkronen gewonnen, während die Stämme zu Bauholz, Möbeln oder Parkett verarbeitet werden. Brennholzkahlschläge gebe es im heimischen Wald nicht. Dass das in anderen Ländern durchaus passiert, um im großen Stil Pellets herzustellen, kritisiert der Trierer Forstamtsleiter. Heimische Pellets, die aus den Abfällen der Sägeindustrie produziert werden, findet er hingegen völlig in Ordnung.

Aber was, wenn der Wald krank wird, abbrennt, verdorrt oder großflächig vom Borkenkäfer zerstört wird und der Kohlenstoffkreislauf nicht mehr gut funktioniert?

„Wenn große Kahlflächen entstehen, dann reduzieren wir den normalen Einschlag“, sagt Bartmann. Da gebe es strenge Richtlinien. Wie so viele rechnet auch er mit einer emotionalen Debatte und sehr viel Protest, ehe das neue Gesetz verabschiedet wird.

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