Geschichte Wie der kleine Igel seinen großen Hunger stillte

Winterschlaf ist etwas Tolles. Doch im Frühjahr knurrt unserem stachligen Freund ganz schön der Magen.

„Frühling! Hm. Hm. Frühling scheint mir etwas Feines zu sein. Etwas Freundliches.“ Zufrieden zockelte der kleine Igel durch den abendlichen Frühlingswald. Überall gab es für seine neugierige Igelnase etwas Interessantes zu schnuppern und zu wittern. Frühling duftete fein. Und feiner Frühlingsduft machte hungrig. Hunger!“, sagte der kleine Igel. „Ich bin sehr hungrig. Wo finde ich etwas zu essen?“

Wieder tauchte er die Nase in das frische Gras. Wo steckten sie, die leckeren Schnecken und köstlichen Würmer und Käfer? Schliefen sie noch? „Mir scheint“, murmelte der kleine Igel, „die Frühlingszeit ist wie auch der Winter eine Hungerzeit für uns Igel.“ Er seufzte ein wenig. „Mein Hunger ist soo groß nach der langen Winterschlafzeit. Und um ehrlich zu sein, ein bisschen kraftlos fühle ich mich auch.“

Und ein bisschen kraftlos tappte der kleine Igel weiter zum Waldrand hinüber. Vielleicht wartete dort etwas Essbares auf ihn. Oder auf der Waldwiese vielleicht.

Weiter und weiter tippelte er und schnupperte. Nichts. Keinen Regenwurm traf er, keinen Käfer, keine Raupe und auch keine Schnecke.

„Graben, kleiner Igel!“, raunte ihm da eine Stimme von der großen Waldkiefer her zu. „Du musst nach Maden und Würmern graben. Die schlafen nämlich noch.“ Es war die alte Eule, die im Stamm der Kiefer ihr Nest hatte.

„Ich eigentlich auch noch“, antwortete der kleine Igel. „Zumindest bis vor Kurzem habe ich auch geschlafen und ich bin sehr froh, dass keiner gekommen ist und nach mir gegraben hat. Beim Schlafen geweckt und ausgegraben zu werden, stelle ich mir nämlich nicht nett vor. Und deshalb werde ich auch nicht nach einem schlafenden Wurm oder einer müden Made graben. Oh nein.“

„Dann bist du ein sehr netter kleiner Igel“, antwortete die Eule und so etwas wie ein Lächeln klang in ihrer Stimme. „Und bald auch ein sehr hungriger.“ „Ein ganz arg sehr hungriger“, sagte der kleine Igel. „Und ich …“

Da! Eine Windböe fegte durch den Frühlingswald und riss das einsame Amselnest, das noch nicht ganz sicher im Kiefernast befestigt war, vom Baum. Es landete nur wenige Igelschritte entfernt auf einem Stein, der am Wegrand lag. Oh je! Was für ein Unglück! Der kleine Igel erschrak.

Er tippelte zu dem zerstörten Nest und schnupperte. Die drei Eier, die die junge Amselfrau am Morgen gelegt hatte, waren zerbrochen. Aus den Rissen der Eischalen tropften Dotter und Eiweiß. Es roch köstlich und frisch und lockend. Der hungrige Bauch des kleinen Igels begann laut zu knurren.

„Zögere nicht, kleiner Igel!“, sagte die Eule. „Alles im Leben hat seinen Grund. Das Ampelpaar wird ein neues Nest bauen und die Amselfrau wird dann neue Eier legen. Du aber iss dich jetzt satt! Du hast großen Hunger und brauchst nach dem langen Winterschlaf Kraft.“ Das aber hörte der kleine Igel schon nicht mehr. Längst hatte er sich über die drei leckeren Amseleier hergemacht. Sein Hunger war zu groß, um noch länger zu warten.

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