Geschichte Wie der Angsthase böse Träume vertreibt

Letzte Nacht stand ein Traumgeist an Mias Bett. Jetzt kann sie nicht mehr schlafen. Doch der Angsthase hilft ihr.

Wieder mal wird Mia von ihren Brüdern geärgert, weil ein Traumgeist heute Nacht vor ihrem Bett gestanden hat und sie heute nicht alleine schlafen will. Ihre Brüder lachen. „Angsthase!“, rufen sie. „Mädchen haben immer Angst.“ Mia ist wütend. „Ihr seid doof!“, ruft sie und läuft aus dem Haus. Im Garten setzt sie sich auf die Schaukel unter der Linde. „Mädchen sind keine Angsthasen!“, sagt sie.

„Aber klar“, antwortet eine Fistelstimme von oben. „Du bist kein Angsthase! Weiß ich längst!“ Mia erschrickt. Wer spricht da? Und warum knackt es auf einmal in den Ästen? Sie will weglaufen. Da knistert es wieder. Eine kleine Gestalt hüpft durchs Geäst und landet mit einem ‚Plumps’ auf Mias Schoß. „Hallo, hier bin ich!”, lispelt sie und nickt Mia freundlich zu. Das Mädchen staunt. Der seltsame Fremdling sieht wie ein Hase aus! Aber seit wann können Hasen sprechen? „Hallo“, kichert Mia. „Wer bist du?“ Die Hasengestalt kichert auch. „Fürchtest du dich nicht vor mir? Ich könnte ein Geist, ein Monster oder ein grausiger Vampir sein! Aber nein! Vor mir fürchtet sich keiner. Wer soll sich auch vor mir fürchten oder grausen! Immer geht es mir so, ich... ach, ich bin halt nicht zum Fürchten!“

Der kleine Kerl redet und redet und scheint nicht mehr aufzuhören. Die Worte kreiseln in Mias Kopf. Begreifen kann sie sie nicht. „Nein“, sagt sie. „Ich fürchte mich nicht vor dir. Wer bist du?“ Der Fremde richtet sich auf und flüstert Mia verschämt ins Ohr: „Angsthase werde ich genannt!” Dabei blickt der Angsthase Mia so drollig an, dass sie lachen muss. Vor lauter Lachen vergisst sie alle Furcht. „DU bist DER Angsthase?”, ruft sie. „Dich gibt es also wirklich?“

„Psst!”, flüstert der Angsthase. „Es muss nicht jeder wissen, wer ich bin! Es ist nämlich nicht schön, DER Angsthase zu sein.“ Mia nickt verständnisvoll. „Bestimmt lachen dich alle aus, nicht?“ Der Angsthase nickt. „Man verspottet mich, und als Schimpfwort muss ich auch herhalten. Ist das nicht gemein?“

„Und wie“, sagt Mia und denkt an ihre Brüder. „Zu mir haben sie heute auch ‚Angsthase’ gesagt. Ich habe mich mächtig geärgert.“ Der Angsthase knurrt: „Verstehe ich gut. So geht es mir jeden Tag viele tausend Male. Immer muss ich herhalten, wenn sich irgendjemand vor irgendetwas fürchtet. Doch sag, warum haben sie dich ‚Angsthase’ genannt?“ Da erzählt Mia von dem Traumgeist, der vor ihrem Bett gestanden und grausig gejault hat. „Mut tut gut”, sagt der Angsthase. „Merk dir diesen Zauberspruch!”

Mia überlegt. „Und wenn ich mir den vorsage, fürchte ich mich nicht mehr so sehr?“ Der Angsthase nickt. „Der Zauberspruch hilft!“ Mia atmet auf. „Das ist gut! Mut tut gut. Mut tut gut.“ Immer wieder sagt sie den Wunderspruch auf. Dann hält sie inne und fragt aufgeregt: „Hilft dieser Spruch auch bei dem Taumgeist?“ Der Angsthase lacht. „Vor Traumgeistern brauchst du dich nicht zu fürchten. Die sind genauso feige Maulhelden wie deine Brüder.“

„Maulhelden?“ Mia lacht, und der Angsthase verspricht, heute Nacht mit ihr im Traum ins Reich der Maulhelden zu reisen, die nichts mehr fürchten als tapfere Kinder und Angsthasen. „Fein!“, freut sich Mia. „Bis später also!“ Sie steht auf. Es wird nämlich dunkel, und bald ist Zeit zum Schlafengehen.

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