„Wie Schwenken ohne Schwenker“

Saarbrücken · Jeden Tag versenden Nutzer auf der ganzen Welt Milliarden von Nachrichten über Dienste wie Whatsapp oder Snapchat. Viele verschicken neben Texten kleine Symbole, mit denen sie ihre Gefühle zum Ausdruck bringen wollen - sogenannte Emojis. Eine Online-Umfrage der Saarbrücker Zeitung ergab, dass die meisten Nutzer Emojis inzwischen für unverzichtbar halten.

 Bei Nachrichten auf dem Smartphone gehören sie für viele Nutzer einfach dazu: die sogenannten Emojis. Sie sollen Stimmungen und Gefühle ausdrücken.

Bei Nachrichten auf dem Smartphone gehören sie für viele Nutzer einfach dazu: die sogenannten Emojis. Sie sollen Stimmungen und Gefühle ausdrücken.

Foto: Pedersen/dpa

Chatten ganz ohne Emojis - das geht überhaupt nicht, finden viele Leser der Saarbrücker Zeitung . Die kleinen bunten Symbole, mit denen Nutzer ihre Gefühle zum Ausdruck bringen wollen, gehören mittlerweile einfach dazu. Ohne sie wirke die Online-Kommunikation trist, wenn nicht gar leer. Wer heutzutage auf sie verzichtet, scheint schon fast gegen die sogenannte Netiquette, also Verhaltensregeln für einen sozialen und höflichen Umgang im Internet, zu verstoßen.

Ein Satzzeichen wirkt herzlos

Werden die farbigen Symbole bewusst weggelassen, kann das für Misstrauen beim Empfänger sorgen. Ob der Gesprächspartner wohl verärgert ist? Oder hat er vielleicht gar kein Interesse an einer Unterhaltung?

Und was soll eigentlich dieser nichtssagende Punkt am Ende des Satzes? Es sei ein Zeichen für Unaufrichtigkeit, wollen Psychologen der amerikanischen Binghamton Universität herausgefunden haben. Im Rahmen eines Forschungsprojekts haben sie 126 Studenten darum gebeten, kurze Unterhaltungen zu lesen und anschließend zu bewerten. Dabei handelte es sich einmal um Textnachrichten, ein anderes Mal um handgeschriebene Zettelchen. Die Konversation umfasste lediglich eine kurze Einladung in Form einer Frage wie etwa "Willst du mit zum Spiel kommen?", gefolgt von einer Ein-Wort-Antwort wie "Ja", "Klar", oder "Gerne". Dabei endeten einige der Nachrichten mit einem Punkt, andere wiederum verzichteten gänzlich auf Satzzeichen. Eine Befragung der Teilnehmer ergab, dass der eigentlich vollkommen harmlose Punkt das Gespräch unaufrichtig und herzlos wirken ließ.

Die Internet-Redaktion der Saarbrücker Zeitung hat Facebook-Nutzer ebenfalls zu den kleinen bunten Symbolen befragt. Die Antworten der Leser fielen eindeutig aus: "Kein Emoji = die Frau ist sauer auf dich", schreibt etwa Michael Musik und findet rasch Zustimmung von vielen anderen Nutzern. Ob das nur auf das weibliche Geschlecht zutrifft und warum fehlende Smileys offenbar auf ein passiv-aggressives Verhalten hindeuten, sagen die Leser nicht.

Klar scheint hingegen, dass Nachrichten ohne Emojis ein ungutes Gefühl hinterlassen. "Wenn mir jemand keine Smileys schickt, glaube ich, dass derjenige wütend auf mich ist oder dass ich - ohne es zu wissen - irgendetwas Gemeines geschrieben habe", erklärt beispielsweise Kathrin Gärtner. Andere wiederum bestätigen die Ergebnisse der Forscher aus Binghamton und stören sich eher an dem Punkt, der laut Tamara Kiefer "so provozierend" wirkt. Während Emojis also unabdingbar zu sein scheinen, wird gerne auf korrekte Zeichensetzung bei Whatsapp-Nachrichten verzichtet.

Emojis bergen Konfliktpotenzial

Ein Problem gibt es bei Emojis aber doch. Für viele Leser bieten sie vor allem dann Konfliktpotenzial, wenn sie missverstanden werden. Normann Eichert berichtet davon, dass er meist nicht deuten kann, was der Gesprächspartner mit Hilfe der ganzen Bildchen überhaupt aussagen will. Andere beschweren sich über die falsche Verwendung einzelner Symbole, was schnell zu Verwirrung führen kann. Dennoch seien irreführende Smileys immer noch besser als gar keine, so Eylem Albayrak. Im Großen und Ganzen scheint festzustehen, dass Emojis aus den Chats zahlreicher Nutzer nicht mehr wegzudenken sind. SZ-Leser Florian Wagner trifft es mit seinem Facebook-Kommentar auf den Punkt: "Chatten ohne Emojis ist wie Schwenken ohne Schwenker …"

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Hintergrund Die Geschichte der Smileys führt zurück ins Jahr 1982 und beginnt mit den sogenannten Emoticons - Symbole, die Gefühle und Stimmungslagen ausdrücken. Die heutigen Emojis erschienen Ende der 90er Jahre und werden dem japanischen Informatiker Shigetaka Kurita zugeschrieben. Im Gegensatz zu Emoticons zeigen Emojis nicht nur Gesichter, sondern alle möglichen weiteren Symbole wie Herzen oder Tiere. Dass die kleinen farbigen Bilder schnell für Missverständnisse sorgen können, liegt vor allem an kulturellen Differenzen. So steht etwa das schnaubende Emoji im Herkunftsland Japan für Triumph, in Europa hingegen für Empörung. mki

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