Wer nicht löschen will, muss zahlen

Berlin · Facebook und Co. entfernen zu selten strafbare Inhalte. Bundesjustizminister Mass will sie jetzt per Gesetz zwingen.

Auf Facebook und Twitter könnten harte Geldstrafen zukommen, wenn sie nach Beschwerden strafbare Hasskommentare oder Falschmeldungen nicht oder zu spät löschen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte gestern in Berlin einen Gesetzentwurf vor, der einen Verstoß gegen Löschfristen als Ordnungswidrigkeit mit bis zu fünf Millionen Euro ahnden will. Unternehmen, die ein nicht ausreichendes oder gar kein Beschwerdemanagement aufgebaut haben, drohen bis zu 50 Millionen Euro Strafe.

Damit will Maas Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung, öffentlichen Aufforderungen zu Straftaten, Volksverhetzung und Bedrohung in den großen sozialen Netzwerken einen Riegel vorschieben. Erfüllen bewusste Falschmeldungen, sogenannte Fake News, diese Straftatbestände, könnten sie mit dem Gesetz ebenfalls geahndet werden. So sollen "Gefahren für das friedliche Zusammenleben und für die freie, offene und demokratische Gesellschaft" abgewendet werden, wie es in dem Entwurf heißt.

Maas betonte, die Verfolgung von Straftätern sei nach wie vor Aufgabe der Justiz. Auch wolle er "keine Wahrheitskommission" einrichten. Facebook und Twitter müssten aber stärker in die Pflicht genommen werden. Die bisherige Selbstverpflichtung reiche nicht aus.

Laut Entwurf müssen Plattformen mit mehr als zwei Millionen Nutzern ein Beschwerdemanagement einrichten, Beschwerden unverzüglich auf strafrechtliche Relevanz prüfen und offensichtlich strafbare Inhalte binnen 24 Stunden löschen oder sperren. Für kompliziertere Fälle erhalten die Unternehmen sieben Tage Zeit. Zudem müssen sie vierteljährlich über die Gesamtzahl der Beschwerden, ihre Entscheidungen und die personelle Ausstattung der Beschwerdestelle informieren.

Maas kündigte an, den Entwurf zunächst in die Ressortabstimmung zu geben und danach zügig dem Bundestag zuzuleiten, sodass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden könnte. Parallel will er seine Vorstellungen der EU-Kommission und dem Rat der Justiz- und Innenminister erläutern. "Am Ende brauchen wir für europaweit agierende Unternehmen auch europäische Lösungen", sagte er.

Zuvor hatte der Minister das Ergebnis eines Monitorings der von der Regierung unterstützten Seite Jugendschutz.net veröffentlicht. Demnach löschte Facebook im Januar und Februar nur 39 Prozent der gemeldeten strafbaren Inhalte, sieben Prozentpunkte weniger als im Juli und August 2016. Nur 33 Prozent wurden binnen 24 Stunden gelöscht. Bei Twitter führte nur eine von hundert Beschwerden zur Löschung, in keinem Fall binnen 24 Stunden.

Die Plattformen "nehmen anscheinend die Beschwerden der Nutzer nicht ausreichend ernst", sagte Maas. Die Zahlen bei Twitter wiesen darauf hin, dass es offenbar kein oder ein nicht funktionierendes Beschwerdemanagement gebe. Ein besseres Zeugnis stellte das Monitoring dem Videokanal Youtube aus, der 90 Prozent der als strafbar gemeldeten Beiträge löschte, 82 Prozent davon innerhalb von 24 Stunden.

Facebook kündigte an, bis Jahresende die Zahl der Mitarbeiter im Beschwerdemanagement in Berlin auf mehr als 700 aufzustocken. Eine Sprecherin sagte, Facebook habe klare Regeln gegen Hassrede und arbeite "hart daran", strafbare Inhalte zu entfernen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort