Wenn Mama bei Facebook ist

Chemnitz · Facebook und Eltern: Für viele Jugendliche passt das nicht zusammen. Wenn sich Mama oder Papa in dem sozialen Netzwerk anmelden, ist das den meisten peinlich. Doch es gibt Möglichkeiten, sich zu wehren.

Als auf Lottas (Name geändert) Computerbildschirm die Nachricht "Abendessen ist fertig" aufpoppte, wunderte sie sich schon sehr. Ihre Mutter hatte sich gerade bei Facebook angemeldet - sehr zu Lottas Missfallen.

Oft mögen es Jugendliche nicht, wenn die Eltern sich in dem sozialen Netzwerk registrieren. "Es war wie ein Einbruch in meine persönliche Welt", sagt Lotta. Auch Kathrin Demmler vom Verein Jugend Film Fernsehen (JFF) - Institut für Medienpädagogik in München beobachtet, dass Jugendliche Raum für sich möchten. Facebook ist so ein Raum: eine Welt, in der Jugendliche mit ihren Freunden kommunizieren und Eltern erstmal keinen Platz haben. Lotta erinnert sich noch, wie sie plötzlich eine Freundschaftsanfrage von ihrer Mutter bekam. Eigentlich wollte sie die Anfrage ablehnen, doch um einem Streit darüber aus dem Weg zu gehen, nahm sie an. Sie befürchtete, dass ihre Mutter sie mit ihrer neuen Facebookpräsenz kontrollieren wollte. Und plötzlich kamen sie, die Fragen der Mutter. "Sie wollte wissen, wo dieses oder jenes Foto entstanden ist, was ich da mit wem genau gemacht habe", erzählt Lotta.

Wenn die Eltern das Medium zum Ausspionieren nutzen, schränkt das die Jugendlichen stark ein, findet Kristin Langer vom Medienratgeber Schau hin. Die bundesweite Initiative gibt Tipps zum Umgang mit Medien. Jugendliche sollten das ansprechen, aber auch überlegen, was die Ursachen dafür sind. Denn gerade in der Pubertät sind viele nicht besonders mitteilungsbedürftig. Es kann von Vorteil sein, wenn Jugendliche sich mit den Privatsphäre-Einstellungen auf Facebook auskennen. Denn mit ihnen können sie festlegen, wer ihre Online-Aktivitäten sehen kann und wer nicht. "Sie sollten ihre Facebookfreunde in verschiedene Gruppen unterteilen", rät Frank Spaeing, Sprecher der Initiative "Datenschutz geht zur Schule" des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten Deutschlands. "Eine Gruppe kann dann für die Eltern sein." Für diese Gruppen sollten die Jugendlichen dann individuell einstellen, welche Informationen sie mit ihnen teilen. Doch manchmal nerven Eltern auch mit Fotos, die sie auf Facebook verbreiten. Lottas Mutter hatte etwa lange Zeit ein Katzenfoto als Profilbild. Manche Eltern kommen gar auf die Idee, Fotos von ihren Kindern zu teilen. "Manchmal ist es nur gut gemeint", sagt Langer von Schau hin. "Doch wenn die Mutter zum Geburtstag ein altes Kinderfoto postet, um zu gratulieren, ist das vielen peinlich."

Langer betont, dass auch Kinder ein Recht am eigenen Bild haben und Fotos von ihnen nicht einfach verbreitet werden dürfen. Es kann auch unangenehm sein, wenn die Eltern Statusmeldungen auf Facebook der Jugendlichen kommentieren oder private Unterhaltungen auf der Pinnwand führen. Oft wissen die Eltern gar nicht, wie man die soziale Plattform richtig bedient. Sie verstehen nicht, wann eine Konversation privat und wann sie für alle sichtbar ist. Und dann landet die Frage "Brauchst du noch neue Fußpilzcreme aus der Apotheke?" nicht im privaten Nachrichtenpostfach, sondern auf der öffentlichen Pinnwand.

Doch Jugendliche sollten dies auch als Chance begreifen, den Eltern das soziale Netzwerk zu erklären. "Sie können mit Wissen und Know-how punkten", sagt Spaeing. Auch Lotta hat ihrer Mutter erklärt, dass ein Profilbild dazu da ist, dass andere Nutzer einen erkennen können. "Seitdem sind die Katzenfotos verschwunden."

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