Überwachung am Arbeitsplatz Wenn der Vorgesetzte heimlich mithört

Berlin · Angestellte auf der Arbeit zu überwachen, ist dank technischer Neuerungen deutlich einfacher geworden. Doch längst nicht alles ist auch erlaubt.

 Es gibt Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer sogar per Kamera überwachen.

Es gibt Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer sogar per Kamera überwachen.

Foto: dpa-tmn/Jens Büttner

Bei manchen Arbeitgebern gilt heute immer noch das Prinzip „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Deshalb spielt auch das Thema Arbeitsplatzüberwachung in vielen Unternehmen eine Rolle – in völlig unterschiedlichen Ausprägungen. Dabei reichen die Kontrollmöglichkeiten von der reinen Arbeitszeiterfassung bis hin zur Überwachung von E-Mails oder dem Surfverhalten.

„Wir wissen aus vielen Betrieben, dass es immer wieder Probleme mit unzulässiger Arbeitsplatzüberwachung gibt“, sagt Marta Böning, Expertin für Arbeitsrecht beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Schon in der Vergangenheit hatten wir einige Fälle unzulässiger Videoüberwachung in Einzelhandelsketten und verschiedene Skandale im Zusammenhang mit Telefonüberwachungen.“ Genau beziffern lasse sich das Phänomen nicht. „Die Vorfälle häufen sich zwar, aber offizielle Zahlen gibt es dazu nicht.“

Die Kontrollwut steigt offenbar mit den technischen Möglichkeiten. Da gibt es die versteckte Kamera am Arbeitsplatz oder die unbemerkt installierte Software am Dienstcomputer. Aber auch GPS-Tracker in Dienstfahrzeugen und Smartphones, mit denen sich Mitarbeiter auf Schritt und Tritt überwachen lassen, sind keine Seltenheit mehr. Die Arbeitnehmer merken davon in der Regel nichts.

Nicht jede Form der Überwachung sei grundsätzlich unzulässig, sagt Unternehmensberater Bernhard Brands. Unter Berücksichtigung aller schutzwürdigen Interessen könne eine Überwachung im Einzelfall durchaus legitim sein, zum Beispiel aus versicherungsrechtlichen Gründen oder zur Überwachung von Arbeitsschutzvorschriften.

So sieht es auch Heiko Reiter, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main. „Der Einsatz von GPS-Trackern zur Ortung von Krankenwagen oder Geldtransportern ist sicher sinnvoll, aber zur Überwachung von Mitarbeitern unzulässig“, erklärt er. „Die Ortung betrifft ja nicht nur den Job, sondern bei erlaubter privater Nutzung des Dienstwagens auch den Privatbereich, und das geht zu weit.“

Damit gibt es gleich zwei Gründe dafür, warum den Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber enge Grenzen gesetzt sind. Denn viele theoretisch mögliche Überwachungspraktiken verletzen die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter und verstoßen gleichzeitig gegen Datenschutzbestimmungen.

Letztere spielen seit dem 25. Mai 2018 eine deutlich größere Rolle. Seitdem gilt die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), mit mehr Rechten für Arbeitnehmer und neuen Regeln für Arbeitgeber. Die Grundlagen des Datenschutzes am Arbeitsplatz ändern sich dadurch aber nicht. „Grundsätzlich dürfen nur die Daten erhoben und verarbeitet werden, die zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sind“, sagt Heiko Reiter. Das seien etwa persönliche Daten wie Adresse und Familienstand für die Lohnabrechnung. Je nach Job und Situation könne deswegen beispielsweise auch eine Überwachung des E-Mail-Verkehrs (Infokasten) rechtens sein – allerdings nicht ohne Einwilligung des Betriebsrats oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung, erklärt Reiter.

Zudem kommen auf den Arbeitgeber durch das neue Gesetz nun umfangreiche Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten zu. Denn neben einer expliziten Einwilligung zur Verarbeitung seiner Daten kann der Mitarbeiter nun jederzeit Widerspruch dagegen einlegen oder die Herausgabe und Löschung seiner bereits vorhandenen Daten verlangen. Eine heimliche Überwachung der Mitarbeiter bleibe damit verboten, sagt Heiko Reiter. Es sei denn, der Arbeitgeber habe im Einzelfall begründete Verdachtsmomente für schwere Verfehlungen oder strafbare Handlungen, aber keine angemessene Nachweismöglichkeit. Bloße Ermittlungen ins Blaue hinein sind dagegen verboten.

Deshalb müsse der Arbeitnehmer Maßnahmen, die weit über das juristisch vertretbare Maß hinausgehen, auch nicht hinnehmen. Spioniere der Chef trotzdem, könne der Datenschutzbeauftragte des jeweiligen Bundeslandes ein ordentliches Bußgeld verhängen. Das ist mit dem neuen Gesetz drastisch gestiegen. Verstöße können jetzt mit bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden.

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