Umfrage der Körber-Stiftung Was Deutsche über die Digitalisierung denken

München/Hamburg · Ganze Lebensbereiche wandeln sich durch Internet und neue Techniken. Viele Menschen hierzulande und in Europa sind dafür offen.

 Die Deutschen stehen der Digitalisierung zumeist positiv gegenüber. Die Mehrheit traut sich zu, digitale Herausforderungen im Alltag zu meistern.

Die Deutschen stehen der Digitalisierung zumeist positiv gegenüber. Die Mehrheit traut sich zu, digitale Herausforderungen im Alltag zu meistern.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Computer, Tablet-PC, Smartphone und schnelles Internet prägen immer mehr unser Leben. Doch was denken die Menschen darüber? Wird diese Entwicklung begrüßt, schulterzuckend akzeptiert oder eher abgelehnt? Die gute Nachricht: Die Mehrheit der Deutschen und auch der übrigen Europäer stehen dem digitalen Wandel positiv gegenüber.

Das geht aus dem jüngsten Technik-Radar der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech, München) und der Körber-Stiftung hervor, der die digitale Befindlichkeit der Europäer jährlich abfragt. Danach erwarten 53 Prozent der Deutschen, dass die Digitalisierung sich positiv auf die Gesellschaft auswirkt. Noch mehr Menschen (58 Prozent) sind der Auffassung, dass auch die persönliche Lebensqualität durch die neuen Techniken verbessert werde. Den größten Fortschritt versprechen sie sich für die wirtschaftliche Entwicklung (62 Prozent). Das heißt, die Mehrzahl traut den Unternehmen zu, den digitalen Wandel gut zu bewältigen und ihn für die Entwicklung der eigenen Geschäftsmodelle zu nutzen, was am Ende der Allgemeinheit zugute kommt.

Bei den öffentlichen Verwaltungen wird diese Kompetenz hingegen angezweifelt, wie es an einer anderen Stelle der Untersuchung heißt. Bei den Deutschen klaffen 17 Prozentpunkte zwischen dem Zutrauen in die Unternehmen, sich „mit den Folgen der neuesten digitalen Technologien zu befassen“, und dem Vertrauen in die digitalen Fähigkeiten nationaler Behörden.

In den skandinavischen Ländern – allen voran in Schweden und Dänemark – ist die digitale Euphorie wesentlich ausgeprägter als in Deutschland und im übrigen Europa, wie aus dem Technik-Radar weiter hervorgeht. Dort liegen die Zustimmungswerte nahezu in allen Kategorien bei mehr als 70 Prozent. Selbst im europäischen Durchschnitt ist die digitale Akzeptanz um bis zu 13 Prozentpunkte höher als in der Bundesrepublik. Zu Pessimismus neigen in Westeuropa auch die Franzosen, Italiener und Österreicher.

Wenn es aber bei der Anwendung neuer Techniken heute und in der Zukunft konkreter wird, steigt das Unwohlsein bei den Europäern. So haben mehr als die Hälfte (51 Prozent) ein mulmiges Gefühl bei der Aussicht, bei Krankheit oder im Alter von einem Roboter betreut zu werden. Vor allem für Südeuropäer scheint das eine Horrorvorstellung zu sein. So lehnen 76 Prozent der Griechen diese Art der Fürsorge rundweg ab. In Deutschland hätten 47 Prozent etwas dagegen, wenn ein Roboter sie bedient oder ihnen Gesellschaft leistet.

Auch der Einsatz von digitalen Assistenten bei Operationen verursacht bei 51 Prozent der Europäer Abwehrreaktionen. Besonders die Kroaten (76 Prozent) würden es ungern sehen, wenn eine Maschine an ihrem Körper herumschnippelt, auch wenn der Roboter den Operateur am OP-Tisch nur unterstützt. Bei den Deutschen sind es 56 Prozent. Wesentlich aufgeschlossener sind die Schweden und die Niederländer. Hier sind nur 46 beziehungsweise 31 Prozent dagegen.

Der Weitergabe elektronischer Gesundheitsdaten stehen die Europäer aufgeschlossen gegenüber. Wenn es darum geht, dass beispielsweise die Hausärztin die Daten der Klinik nach einem Krankenhaus-Aufenthalt abgreifen darf, hätten 65 Prozent der Europäer nichts dagegen. Ganz vorne mit dabei sind hier wieder die Nordeuropäer (Schweden 91 Prozent), während die Ungarn diesen offenen Umgang mit ihren Gesundheitsproblemen überhaupt nicht schätzen (nur 43 Prozent dafür). Bei den Deutschen erreicht die Zustimmung 60 Prozent.

 Große Skepsis herrscht nicht zuletzt, wenn es um das autonome Fahren geht, auch wenn viele Autohersteller Unsummen in die Entwicklung dieser Technologie stecken. Vor allem die Spanier, Franzosen und Deutschen wollen ihre Autos auch in Zukunft selbst lenken. Die Ablehnungsquoten betragen in dieser Frage 70 Prozent (Spanier), 65 Prozent (Franzosen) und 62 Prozent (Deutsche). Im europäischen Durchschnitt sagen dazu 58 Prozent Nein. Am liebsten würden sich die Polen von einem Auto durch die Gegend fahren lassen, ohne sich selbst darum kümmern zu müssen (nur 37 Prozent dagegen).

Doch wie sieht es mit der Berufswelt aus? Hier glaubt fast die Hälfte der Befragten, dass „Roboter und künstliche Intelligenz Arbeitsplätze wegnehmen werden“. Besonders ausgeprägt ist diese Angst in Portugal (93 Prozent) und Spanien (90 Prozent). In Deutschland erwarten 74 Prozent Jobverluste. Relativ entspannt sind in dieser Frage die Niederländer (46 Prozent).

Dass der eigene Job bedroht ist, erwarten allerdings weniger Menschen. „Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) gibt an, dass die eigene Arbeit nicht durch einen Roboter oder künstliche Intelligenz erledigt werden kann“, schreiben die Autoren des Technik-Radar. Allerdings steigen die Ängste vor Arbeitsplatz-Verlust in dem Maß wie der Bildungsgrad sinkt.

Auf der anderen Seite halten sich die meisten Europäer für ziemlich fit, wenn es um den Umgang mit Computern, Smartphone-Apps und digitalen Herausforderungen im Alltag geht – wie zum Beispiel elektronisches Bezahlen oder den Kauf von Fahrkarten. In Deutschland trauen sich 74 Prozent das alles zu. Wesentlich mehr Zutrauen in die eigenen digitalen Fähigkeiten haben hingegen die Niederländer (90 Prozent), die Dänen und die Schweden (89 und 88 Prozent). Mit spürbar weniger Selbstvertrauen sind hingegen die Ungarn (52 Prozent) und Bulgaren (54 Prozent) ausgestattet.

Mit zunehmendem Alter nimmt zwar der Glaube an die eigenen Fähigkeiten ab, bei den digitalen Medien noch mithalten zu können. So sind mehr als 80 Prozent der jungen Deutschen (16 bis 35 Jahre) davon überzeugt, dass „ihre Kompetenz ausreicht, digitale Technologien zu nutzen“, heißt es in der Untersuchung. Doch es ist keineswegs so, dass sich die ältere Generation überfordert fühlt und dem Digitalen den Rücken kehrt. Der Unterschied zur Jugend macht bei den deutschen Männern, die 65 Jahre und älter sind, nur ein halbes Dutzend Prozentpunkte aus. Größer ist die Lücke bei den Frauen. Hier klaffen zwischen den Jungen und den Alten in der Selbsteinschätzung ihrer Digitalkompetenz mehr als 20 Prozentpunkte (von 80 auf 59 Prozent). In Ländern wie Schweden, wo die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Techniken wesentlich größer ist, sind auch die Kompetenz-Unterschiede zwischen Jung und Alt spürbar geringer.

„Schlüssel zu einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz von umfassenden Digitalisierungsprozessen über alle Altersgruppen hinweg ist das Vertrauen der Menschen in die Akteure der Digitalisierung“, ziehen die Autoren des Technik-Radar als Fazit. Entscheidend sei, dass die Menschen sich darauf verlassen können, dass die „Regulierung und Kontrolle von Datenschutz und ­-sicherheit“ funktioniert, heißt es weiter. Dies liege „in hohem Maß in der politischen Verantwortung“. 

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