Wächter über Moral und Anstand

Saarbrücken · Zu viel Werbung, zu viel Gewalt – das TV-Programm bietet immer wieder Anlass zu Beanstandungen. Um diese zentral sammeln zu können, wurde eine spezielle Seite im Internet eingerichtet.

Mit dem Dschungelcamp fing alles an. Als vor rund zehn Jahren eine Reihe fragwürdiger Sendungen über die Bildschirme der privaten Fernsehsender flimmerte, ging ein Aufschrei der Entrüstung durch die Republik. Nicht nur das Publikum empörte sich, auch Kinderschutzbund, Tierschützer, die Deutsche Bischofskonferenz und Politiker schlugen angesichts der Tabubrüche Alarm.

Um die Beschwerden zu sammeln, wurde 2004 auf Initiative der Landesmedienanstalt Saarland das Internetportal programmbeschwerde.de als zentrale Anlaufstelle eingerichtet. Ist einem Zuschauer eine Sendung negativ aufgefallen, kann er sie über ein Formalur auf der Seite melden. Nachdem die Nachricht von Experten gesichtet worden ist, wird sie an die für den entsprechenden Sender zuständige Landesmedienanstalt weitergeleitet. Grundlage für die Beschwerden sind die rechtlichen Vorgaben, die die Sender einhalten müssen. Dazu gehören Werberichtlinien, Regelungen zu Gewinnspielen, Vorgaben des Jugendschutzes und allgemeine Programmgrundsätze wie die Achtung der Menschenwürde.

Zwischen 800 und 1000 Beschwerden gehen jährlich ein. Laut Werner Röhrig , der das Portal betreut, geht es in vielen Beschwerden vor allem um die diskriminierenden Menschenbilder in verschiedenen Sendungen. Dazu zählen etwa die Darstellung von Hartz-IV-Empfängern als Faulenzer oder das Witzemachen auf Kosten übergewichtiger Menschen. Ebenso spielt das Thema Jugendschutz eine große Rolle, oft werden Gewaltdarstellungen beanstandet. Kürzlich stand das Format "Henssler hinter Gittern" in der Kritik. Dass in der Kochshow ein verurteilter Mörder am Herd stand, stieß auf Unverständnis. Die Gefühle der Opfer würden mit Füßen getreten, argumentierten aufgeregte Zuschauer.

Zu einer Beschwerdewelle kam es 2011, als der Sender RTL einen Bericht über die Computerspielemesse Gamescom ausstrahlte, in dem die Spieler negativ präsentiert wurden. Eine Welle der Empörung ging durch das Internet. Über 12 000 Beschwerden landeten auf Röhrigs Schreibtisch.

"Wer sich die Mühe macht, eine Beschwerde einzureichen, hat oft ein gutes Hintergrundwissen", sagt Röhrig . "Kürzlich hat eine Zuschauerin Kritik an einem Gewinnspiel geäußert und diese mit Zitaten aus der Gewinnspielsatzung eingehend begründet." Nicht immer waren die Meldungen so sachkundig. In der Anfangszeit gab es viele Beschwerden, die Geschmacksfragen betrafen, etwa wie kurz der Rock der Moderatorin sein dürfe. Dass die Klagen differenzierter wurden, führt Röhrig auf die Informationsleistung des Portals zurück: Denn neben dem Beschwerdeformular werden die Werberichtlinien, Sendezeitgrenzen und Programmgrundsätze auf der Seite ausführlich vorgestellt.

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