Verbraucher-Ampel führt in die Irre

Wenn eine Eigenschaft eines Produkts alle anderen überstrahlt, sprechen Forscher vom Heiligenschein-Effekt. Der kann bei einer einfach gestalteten Verbraucherampel zu falschen Kaufentscheidungen führen, zeigt eine Studie.

München. Ein rotes Signal warnt vor zu hohen Werten, gelb signalisiert das Mittelmaß, Grün zeigt niedrige Konzentrationen an. Werden Inhaltsstoffe wie Fett, Zucker und Salz in Lebensmitteln mit einem solchen Ampelsystem gekennzeichnet, können Verbraucher auf einen Blick sehen, was in einem Produkt steckt. Nun hat ein deutsch-französisches Forscherteam die Wirkung der Verbraucherampel genauer unter die Lupe genommen - und Verblüffendes zu Tage gefördert.

Die Untersuchung zeigt unter anderem, dass ein Ampelsystem Verbraucher nicht nur stark darin beeinflussen kann, welche Pizza in ihren Einkaufswagen wandert - sondern zum Beispiel auch, für welche Finanzprodukte sie sich entscheiden.

Die Technische Universität München (TUM) und das "Institut National de la Recherche Agronomique" zeigten 500 deutschen Teilnehmern zwei Geldanlagen und zwei Tiefkühlpizzen, die beide Bewertungen nach dem Ampelsystem erhielten. Die Ampel markierte bei den Finanzprodukte mögliche Gewinnchancen, für die Pizzen wies sie auf die enthaltenen Nährstoffmengen hin.

Die Konsumenten vertrauten in beiden Fällen der grünen Kennzeichnung, berichten die Forscher. Wurde der Konsument über den Fettgehalt einer Pizza nur über eine Tabelle informiert, war die Resonanz darauf gering. Wies dagegen ein grünes Signal ausdrücklich darauf hin, stieg die Kaufbereitschaft deutlich.

Doch dieser positive Effekt hat auch Nebenwirkungen. Denn wenn die Aufmerksamkeit auf eine grün gekennzeichnete Eigenschaften eines Produkts gelenkt wird, können andere, ebenso wichtige Aspekte an Bedeutung verlieren, ergab die Untersuchung.

So sei das Biosiegel einer Pizza Konsumenten zunächst wichtig erschienen. Das Label habe aber an Bedeutung verloren, sobald die Nährwert-Ampel ins Spiel kam. "Die Ampel täuscht Sicherheit vor", erklärt Jutta Roosen vom Lehrstuhl für Marketing und Konsumforschung der TUM.

Die Forscher sprechen vom Heiligenschein-Effekt: "Ein positives Merkmal überstrahlt alles andere." Die Forscher empfehlen nun, ein differenziertes Ampel-System zu verwenden, damit eine einzelne Kennzeichnung nicht das Gesamtbild verzerrt. Das gelte besonders für komplexe Produkte wie Geldanlagen.

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