Tsunami-Forscher horchen den Ätna ab

Kiel · Ein Tsunami im Mittelmeer? Das ist nicht unmöglich, erklären Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung. Sie untersuchen den Vulkan Ätna, dessen instabile Ostflanke eine Riesenwelle auslösen könnte, die an den Mittelmeerküsten eine verheerende Wirkung hätte.

 So sieht der Vulkan Ätna aus der Weltraumperspektive aus. Das Foto entstand auf der Internationalen Raumstation. Foto: Nasa

So sieht der Vulkan Ätna aus der Weltraumperspektive aus. Das Foto entstand auf der Internationalen Raumstation. Foto: Nasa

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Der Ätna ist der bekannteste Vulkan in Europa und gleichzeitig einer der aktivsten Feuerberge des Kontinents. Sorgen bereitet den Geologen allerdings nicht nur der sichtbare Teil des über 3300 Meter hohen Bergs auf Sizilien. Satellitenbeobachtungen zeigten, dass die Ostflanke des Ätnas dabei ist, langsam Richtung Meer abzugleiten, so das Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel .

Falls es jedoch zu einem plötzlichen Hangrutsch unter Wasser komme, werde es gefährlich, denn Bewegungen der Vulkanflanken stellten neben den Eruptionen die größte Gefahrenquelle dar. Wenn ein Berghang unter Wasser abrupt abrutscht, kann er eine Riesenwelle auslösen. Dieser Tsunami würde rund ums Mittelmeer dicht besiedelte Küsten überrollen. In den Sommermonaten wären Millionen Touristen bedroht. "Die Vorstellung eines Tsunamis im Mittelmeer ist nicht aus der Luft gegriffen. So hat ein Erdbeben in der Straße von Messina 1908 eine Flutwelle ausgelöst, die etwa zweitausend Menschen getötet hat", erklärt Professor Sebastian Krastel vom Institut für Geowissenschaften der Universität Kiel . Bei einem Erdbeben und dem darauf folgenden Tsunami sollen im November des Jahres 1755 in Lissabon sogar bis zu 100 000 Menschen gestorben sein.

Ob vom Ätna tatsächlich diese Gefahr ausgeht, lässt sich allerdings noch nicht sagen. Denn die Messungen der abrutschenden Flanke beschränken sich auf den an Land gelegenen Teil des Vulkanberges. Die unter Wasser weit ins Ionische Meer reichende Vulkanflanke ist noch nicht untersucht, so die Kieler Meeresforscher. Sie wollen deshalb unter Wasser ein Vermessungsnetz vor der Küste Siziliens installieren. Das Forschungsschiff Poseidon soll dazu sechs Messstationen in Wassertiefen um 700 Meter vor der Ostküste Siziliens am Meeresboden installieren. "Wir stellen sie sozusagen auf dem von Wasser bedeckten Osthang des Ätnas ab", so Sebastian Krastel.

Die sechs Sensoren-Boxen messen per Schallwellen den Abstand zueinander auf Millimeter genau. Konventionelle Boden-Neigungsmesser und klassische Seismometer, die Schwingungen im Untergrund registrieren können, gehören ebenfalls zu diesem Sensorennetz, berichtet das Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Ähnliche Systeme seien seit einigen Monaten auch in den erdbebengefährdeten Regionen vor Istanbul und vor der Nordküste Chiles am Meeresboden installiert worden.

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