Tippen kann tödlich sein

Freiburg · Autofahrer greifen während der Fahrt immer häufiger zum Mobiltelefon. Dadurch steigt die Unfallgefahr. Die Polizei versucht gegenzusteuern und winkt Verkehrssünder vermehrt von der Straße.

 Viele Autofahrer sind abgelenkt, weil sie am Steuer sogar Nachrichten schreiben.

Viele Autofahrer sind abgelenkt, weil sie am Steuer sogar Nachrichten schreiben.

Foto: Skolimowska/dpa

Hand und Ohr sind am Mobiltelefon, die Gedanken beim Gesprächspartner: Vom Straßenverkehr bekommt die junge Mutter am Lenkrad wenig mit, ihre Konzentration gilt dem Telefonat. Als die Polizei ihr Auto von der Straße winkt, hat die Frau Mühe, rechts ranzufahren. Mit einer Hand lenkt es sich eben schwer. "Ich weiß", sagt sie den Polizisten. "Aber es ist wichtig." Und telefoniert weiter, ohne die Beamten zu beachten. Die Polizei , die am Straßenrand eine Kontrollstelle eingerichtet hat, muss warten.

"Wir haben es mit einem Phänomen zu tun, das uns große Sorge bereitet", sagt Peter Veeser. Der 60 Jahre alte Erste Hauptkommissar ist Leiter der Verkehrsüberwachung im Polizeipräsidium Freiburg , seit 37 Jahren ist er Verkehrspolizist. "Die Ablenkung am Steuer hat eine Dimension angenommen, wie wir sie bislang nicht kannten", sagt er. "Dadurch steigt die Unfallgefahr." Die Polizei versucht nun gegenzusteuern und hat den Kampf gegen Handy-Nutzung am Steuer zu einem Schwerpunkt gemacht.

"Früher diente das Handy allenfalls zum Telefonieren", sagt der Polizist. Inzwischen seien Smartphones aber zum ständigen Begleiter geworden. Es werde während der Fahrt getippt, gegoogelt, gechattet, gewischt, gesurft und gescrollt. Doch das ist verboten.

60 Euro Bußgeld

"Die Gefahr, die durch Ablenkung am Steuer ausgeht, wird unterschätzt", sagt Veesers Kollege Markus Häringer. "Wir wollen deshalb auf das hohe Unfallrisiko , das von der Handy-Nutzung ausgeht, aufmerksam machen."

Verlässliche Zahlen gibt es nicht, die Dunkelziffer ist groß. Der ADAC schätzt, dass in Deutschland jeder zehnte Unfall auf unzulässige Handy-Nutzung am Steuer zurückzuführen ist. Laut Europäischem Verkehrssicherheitsrat steigt das Unfallrisiko durch die Ablenkung um das 23-fache. Schreibt ein Autofahrer zum Beispiel eine SMS, verlangt dies laut einer Studie der Technischen Universität Braunschweig drei Viertel seiner Aufmerksamkeit, telefoniert er, ist nur ein Drittel seiner Aufmerksamkeit auf den Verkehr gerichtet.

"Diese Aufmerksamkeit hat er dann nicht für den Straßenverkehr ", sagt Veeser. "Bremst vor ihm ein Fahrzeug ab oder rennt gar ein Kind auf die Straße, reicht es nicht mehr, um zu reagieren." Zwei Sekunden Ablenkung bei Tempo 50 bedeuteten mehr als 27 Meter Blindflug.

Fahrer, die mit einem Smartphone in der Hand ertappt werden, müssen 60 Euro Bußgeld bezahlen und bekommen einen Punkt in der Zentralen Verkehrssünderdatei in Flensburg. Kassiert wird bei den Kontrollen meist vor Ort.

"Wir wollen damit erreichen, dass Autofahrer über ihr Verhalten nachdenken", sagt Häringer: "Die Alternative ist, dass Wochen nach der Kontrolle per Post ein Bußgeldbescheid kommt. Der erzieherische Effekt ist dann weitaus geringer, als wenn direkt nach dem Verstoß bezahlt werden muss."

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