Surfen unter Wasser

Singapur · Die Möglichkeiten elektronischer Kommunikation reichen heute bis an die Grenzen unseres Sonnensystems. Doch unter der Oberfläche der irdischen Ozeane ist schlagartig Schluss. Das soll ein neuer Übertragungsstandard nun ändern. Er bringt das Internet in die Tiefe der Ozeane.

 Über solche Modembojen wie des Herstellers Subnero können Taucher und U-Boote unter Wasser kommunizieren. Foto: Subnero

Über solche Modembojen wie des Herstellers Subnero können Taucher und U-Boote unter Wasser kommunizieren. Foto: Subnero

Foto: Subnero

Unter Wasser ist es still, die Technik auf dem Stand des Mittelalters. Wer unter dem Meeresspiegel unterwegs ist, orientiert sich am Stand von Sonne und Mond, an markanten Felsen und Riffen sowie der Strömung. Das höchste der Gefühle ist ein Kompass. Um miteinander Kontakt zu halten, sind Taucher auf Handzeichen und Magnesiumfackeln angewiesen. Eine akustische Verständigung ist unmöglich, die menschliche Stimme trägt unter Wasser nicht weit genug.

Nun arbeiten US-Forscher am "Deep Sea Internet " ( "Tiefsee-Internet"), mit dem Signale des digitalen Netzwerks per Schallwellen unter dem Meeresspiegel verbreitet werden können. "Wir haben Ende 2013 erstmals eine E-Mail erfolgreich von einem Modem unter der Meeresoberfläche zu einem Laptop auf dem Festland und auf ein Smartphone gesendet", sagt Tommaso Melodia von der Universität Buffalo.

Taucher sollen mit Hilfe dieses Netzwerks unter Wasser Mails abrufen, Bilder oder Sprachnachrichten versenden können. Es sei ohne Einschränkungen mit dem Netzwerkprotokoll TCP/IP kompatibel, auf dem das Überwasser-Internet seit den 1970er-Jahren aufbaut. Sein Team habe TCP/IP so angepasst, dass es auf Geräten diverser Hersteller funktioniert, die derzeit noch mit eigener Software arbeiten. Sie könnten so künftig untereinander Daten austauschen.

"Unser Protokoll dürfte eines Tages auch dabei helfen, verschollene Flugzeuge wie die Maschine MH370 der Malaysia Airlines oder gesunkene Schiffe zu lokalisieren." Dies hänge allerdings von der Reichweite des Unterwasser-Internets ab. "Heute ist es aufgrund der hohen Kosten der Technik noch Zukunftsmusik, den gesamten Ozean mit Internet zu versorgen", erläutert Melodia. Mit der neuen Technik sollen Erdbeben- oder Tsunami-Sensoren vernetzt werden, sie sollen bei der Unterwasserforschung und Rettungskräften bei der Ortung helfen.

Zu den wenigen Herstellern von Unterwassermodems, die einen drahtlosen Datenaustausch mit Reichweiten von bis zu sieben Kilometern unter Wasser möglich machen, gehört neben US-Firmen wie Teledyne Benthos und Fleet Broadband Global, das in Singapur ansässige Unternehmen Subnero. Während der Mensch auf dem Festland enorme Fortschritte gemacht hat, über Radiowellen effektiv Daten und Sprache auszutauschen, sind die Möglichkeiten extrem eingeschränkt, verlässlich unter Wasser zu kommunizieren, erklärt Vorstandsmitglied Jay Nagarajan den Stand der Übertragungstechnik . Über die Preise der Subnero-Modems schweigt er. "Einmal unter Wasser, organisieren sie sich zu einem Netzwerk", erklärt der Unternehmer. Autonome U-Boote und Taucher könnten über das Subnero-Netz ähnlich wie beim GPS-Satellitensystem ihre Position bestimmen, navigieren und kommunizieren.

In den Bojen von Subnero sitzen leistungsstarke Computer. Derzeit sei die Reichweite zwischen zwei Bojen noch auf rund zwei Kilometer beschränkt. Die Geschwindigkeit der Datenpakete betrage wenige Kilobit in der Sekunde, das ist etwa vergleichbar mit dem Tempo von Telefonmodems aus den 1980er-Jahren. "Bereits in wenigen Jahren sollten unsere Modems zu höheren Geschwindigkeiten in der Lage sein."

Die Physik setzt der Technik Nagarajan zufolge allerdings klare Grenzen. Schallwellen bewegen sich im Vergleich zu Funkwellen in Zeitlupe. Besonders in den flachen Küstengewässern werde das Signal häufig gestört. "Das macht die Entwicklung von Unterwasserkommunikation so kompliziert", erklärt der Unternehmer.

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