Michelangelo auf Instagram Wenn Museumsstücke online gehen

Florenz · Die Galerie der Uffizien in Florenz gehört zu den bekanntesten Museen der Welt. Der deutsche Kunsthistoriker Eike Schmidt hat dem alten Gebäudekomplex über einen Auftritt in den sozialen Netzwerken zu neuem Leben verholfen.

 Die Galerie der Uffizien in Florenz gehören zu den bekanntesten Museen der Welt und ziehen jährlich Millionen Besucher an.

Die Galerie der Uffizien in Florenz gehören zu den bekanntesten Museen der Welt und ziehen jährlich Millionen Besucher an.

Foto: dpa/Maurizio Degl'innocenti

  Vor vier Jahren schrieb der deutsche Kunsthistoriker Eike Schmidt selber Geschichte. Als erster Ausländer überhaupt wurde er 2015 zum Direktor der Galerie der Uffizien in Florenz ernannt. Nun muss der 50-jährige Freiburger bald wieder seine Koffer packen. Im Herbst übernimmt er die Leitung des Kunsthistorischen Museums in Wien.

Der ursprünglich für Büros errichtete Gebäudekomplex der Uffizien beherbergt heute eine der ältesten und berühmtesten Kunstsammlungen der Welt. Laut Angaben des Museums sind derzeit in den 50 Sälen des Gebäudes Gemälde und Skulpturen aus dem 13. bis ins 18. Jahrhundert ausgestellt.

Schmidt war angetreten, das Florentiner Museum umzukrempeln. Er sei zufrieden mit dem Erreichten, sagt er: „Als ich eintraf, hatten die Uffizien noch nicht einmal eine eigene Internetseite, von einem Auftritt in den sozialen Netzwerken ganz zu schweigen.“ Inzwischen hätte das Museum nicht nur eine Internet-Plattform samt einer Datenbank mit über 300 000 Kunstwerken, sondern auch ein Konto auf ­Instagram. Dieses hat sich für Schmidt als besonderer Erfolg erwiesen: Jeden Tag stellt das Museum dort ein Foto eines Kunstwerks ein. Das erste war die „Geburt der Venus“ von Sandro Botticelli. Inzwischen stehen über 1000 Bilder online. Das Profil hat mehr als 230 000 Abonnenten.

2015 hatte die damalige Regierung in Rom die Führungsposten der wichtigsten Museen Italiens zum ersten Mal international ausgeschrieben – mit dem Ziel, das verkrustete Museumswesen des Landes flott zu machen. Von den 20 neuen Direktoren waren sieben Ausländer, darunter Schmidt. Die Stadt Dantes und Machiavellis war ihm vertraut. Er hatte in Florenz schon von 1994 bis 2001 gelebt und unter anderem seine Doktorarbeit geschrieben.

2018 besuchten, den dazugehörenden Palazzo Pitti und den ­Boboli-Garten eingerechnet, nach Angaben des Museums erstmals mehr als vier Millionen Menschen die Uffizien. Schmidt sagt, ihm sei es wichtig, dass die Besucher sich an Gemälde und Statuen erinnern statt an endlos lange Warteschlangen. Diese bekämpfe er mit wissenschaftlicher Akribie. An der Universität von L‘Aquila entdeckte er eine Informatik-Abteilung, die auf den Umgang mit Warteschlangen spezialisiert ist, erzählt Schmidt. Gemeinsam hätten sie Programme und Algorithmen entwickelt, um die Besucherströme zu steuern. Es würde genau ermittelt, wie sie sich bewegen, wie lange sie wo stehen bleiben und worin sich Klein- von Großgruppen unterscheiden.

Um den Andrang zu entzerren, wurden die Eintrittspreise in der Hauptsaison erhöht und in der Nebensaison gesenkt. „Das hat durchaus gegriffen. Wir hatten durchgehend von Juni bis Oktober weniger Besucher. Das haben wir aber in den anderen Monaten wieder wettgemacht“, so Schmidt. Außerdem wurden eine gemeinsame Eintrittskarte für Uffizien, Palazzo und Garten sowie eine Jahreskarte eingeführt.

Auch deutsche Museen setzen heute verstärkt auf digitale Angebote. Dazu gehört neben einer aktuellen Internetseite auch eine Präsenz in sozialen Netzwerken. Laut dem Deutschen Museumsbund werden digitale Angebote für die Museen immer wichtiger.

Das Städelsche Kunstinstitut in Frankfurt am Main etwa stellt für Nutzer seiner Internetseite ein besonders großes Online-Angebot bereit. So können Besucher nahezu alle Stücke des Museums online betrachten, die Gemälde nach Epoche, Künstler oder Genre sortieren lassen und auch Informationen zu den Werken und den Künstlern abrufen. Die digitalen Angebote des Frankfurter Museums beinhalten zudem eine eigene App, die Besucher durch die Räume des Museums führt, Präsentationen, die Besucher auf bestimmte Ausstellungen einstimmen, einen Online-Kurs zur Kunstgeschichte der Moderne und ein Tablet-Lernspiel für Kinder.

Thüringen ist noch einen Schritt weitergegangen und stellt auf seinem Portal kuwi-thueringen.de die Bibliotheken, Archive und Museen des ganzen Bundeslandes vor. Laut Angaben der Jenaer Schiller-Universität beinhaltet die Seite über eine Million Datensätze und digitale Exponate von über 100 Einrichtungen des Landes.

Doch auch wenn ganze Ausstellungen ins Netz gestellt werden, kommen nicht weniger Besucher in die Museen, wie der Deutsche Museumsbund festgestellt hat. Dabei hätten vor allem die sozialen Medien das Verhalten von Museumsbesuchern verändert, sagt Autorin und Museumsdirektorin Nina Simon. Ihren Worten nach wollen sich Besucher immer mehr einbringen. Und manchmal wollten sie auch Inhalte generieren. Museen reagierten zunehmend auf diese Trends, sagt Simon. Besucher dürften abstimmen, welche Ausstellungsstücke ihnen besonders gut gefallen hätten. Ebenso dürften Besucher in manchen Museen sogar ganze Ausstellungen mitgestalten.

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