Ebay für den Staat Der Internet-Flohmarkt von Vater Staat

Bad Hersfeld · Das Hauptzollamt Gießen versteigert seit fast 17 Jahren allerlei Kurioses auf einer eigenen Plattform im Internet.

 Auch das ausgemusterte Patrouillenboot „Fehmarn“ der Wasserschutzpolizei Schleswig-Holstein hat der Zoll im Netz versteigert.

Auch das ausgemusterte Patrouillenboot „Fehmarn“ der Wasserschutzpolizei Schleswig-Holstein hat der Zoll im Netz versteigert.

Foto: dpa/Hauptzollamt Gießen

Ein Luxusauto, 52 Wohncontainer und ein Schiff der Küstenwache – beim deutschen Zoll sammeln sich im Lauf eines Jahres eine ganze Reihe ungewöhnlicher Objekte an. Einmal im Jahr wird das, was Behörden gepfändet, beschlagnahmt oder an eigenem Besitz schlicht aussortiert haben, in einer bundesweit einmaligen Auktion im Internet versteigert. Dabei gibt es eine Vielzahl höchst ungewöhnlicher Objekte zu ersteigern, für die man außer eine Menge Geld auch sehr viel Platz benötigt.

Auf der Internetseite ­zoll-auktion.­de versteigern Bund, Länder und Gemeinden alles, was bei den Behörden beschlagnahmt wurde oder nicht mehr gebraucht wird. Mittlerweile versteigern laut Aussage des Hauptzollamts Gießen knapp 4900 Anbieter ihre Güter über das Online-Auktionsportal. Mit dabei seien kleine Gemeinden ebenso wie Bundesministerien.

2018 brachten die Auktionen laut Angaben des Hauptzollamts Gießen 83,6 Millionen Euro Umsatz ein. Unterm Strich blieb ein Gewinn von 30,4 Millionen Euro. Rechne man alle bisherigen Versteigerungen zusammen, habe das Online-Auktionshaus des Bundes insgesamt über eine Milliarde Euro Umsatz gemacht. Die Plattform habe sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt, sagt Reiner Emmerich, Leiter der Vollstreckungsstelle in Bad Hersfeld. Die Online-Auktionen seien als Ergänzung zu den üblichen Vor-Ort-Versteigerungen gedacht gewesen, sagt Emmerich, zu denen aber nur wenige Bieter gekommen seien.

Mitbieten könne jeder, der volljährig ist und sich auf der Seite als Nutzer registriert. Angeboten werden Artikel in 19 Kategorien, von A wie Antiquitäten bis W wie Wohnen. Rund 1900 Auktionen sind laut Zoll meist online. Beliebt seien Fahrzeuge, Sportgeräte, Werkzeug, Schmuck, Uhren und Spirituosen.

Es kommt aber auch allerhand Ungewöhnliches unter den Hammer. Derzeit versteigert die Stadt Linz am Rhein ein Feuerwehrlöschfahrzeug aus dem Jahr 1973, Mindestgebot 2250 Euro. Noch bis zum 25. Februar können Angebote abgegeben werden. Wer es lieber schneller und schnittiger mag, konnte im November 2017 für einen gepfändeten Sportwagen aus dem Schwabenland mitsteigern. Die Edel-Karosse brachte schließlich rund 160 000 Euro ein.

Eines der Höchstgebote wurde im vergangenen Jahr für 52 ­Wohncontainer abgegeben. Die Stadt Aachen hatte sie für Flüchtlinge angeschafft. Als keine Verwendung mehr für die Container bestand, wurden sie für 230 000 Euro versteigert. Doch es geht noch teurer. 2010 war einem Bieter ein englischer Sportwagen, ein Lagonda V12 Cabriolet aus dem Jahr 1938, 252 100 Euro wert. Der Wagen hatte eine bewegte Geschichte hinter sich. Eine Zeit hatte er dem König von Malaysia gehört. Der Oldtimer war bei einem Münchner Kokain-Händler beschlagnahmt worden.

Versteigert wurde in den vergangenen Jahren auch schon ein 32 Meter langes, ausgemustertes Patrouillenboot der Wasserschutzpolizei Schleswig-Holstein. Unter den Hammer kam aber auch ein Mercedes 600 aus den 1960er Jahren, der angeblich zum Fuhrpark des sowjetischen Staats- und Parteichefs Leonid Breschnew gehörte. Aber auch eine Dampflokomotive der Firma Borsig aus dem Jahr 1909 fand über das Zoll-Auktionsportal einen neuen Besitzer.

Fahrzeuge seien ohnehin sehr beliebte Objekte bei den Versteigerungen, erklärt der Gießener Zoll-Sprecher Michael Bender. Denn die Fahrzeuge werden mit einem Wertgutachten im Netz präsentiert. „Da kauft niemand die Katze im Sack“, versichert er.

Bei manchen Versteigerungsobjekten stellt sich die Frage, was der Bieter mit der Kuriosität anfangen soll. Doch es gibt nichts, was es nicht gibt. Vor einigen Jahren versteigerte eine Kommune für einige Tausend Euro eine Fußgänger-Ampel. Der Käufer musste die Anlage selbst abbauen, einladen und abtransportieren, erinnert sich ein Beamter in Bad Hersfeld.

Einige Artikel könne der Zoll allerdings nicht versteigern, sagt Bender. Waffen, Betäubungsmittel, Produkte von Tieren und Pflanzen, die unter Artenschutz stünden, sowie Markenfälschungen würden nicht veräußert, versichert der Sprecher. Alkohol versteigerten die Behörden hingegen gar nicht mal so selten. Whisky aus dem Jahr 1976 versteigerte das Hauptzollamt Rosenheim für 1650 Euro. Bodenständigeres hat die Stadt Mönchengladbach derzeit im Online-Angebot: vier Kästen Pils, insgesamt 73 Flaschen. Mindestgebot: 30 Euro.

www.zoll-auktion.de

(dpa)
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