Schulen nähern sich nur langsam der Netzwelt an

Berlin · Sind Deutschlands Klassenzimmer immer noch eine digitale Wüste? Ganz so schlimm ist es nicht mehr, lautet das Fazit einer Studie über Lehrer im Computerzeitalter. Smartphone und Tablet-PCs liegen aber noch längst nicht gleichberechtigt neben Zirkel und Geodreieck.

Laut den Ergebnissen der Lehrer-Studie "Schule digital", die am Donnerstag von der Deutschen Telekom Stiftung präsentiert wurde, setzt kaum die Hälfte (47,6 Prozent) der Lehrer in Deutschland mindestens einmal pro Woche im Unterricht Computer ein. Knapp jeder dritte Pädagoge entwickelt zusammen mit Kollegen computergestützte Unterrichtsstunden. Andererseits: Fast sechs von zehn Lehrer sagen, dass sie sich mehr Unterstützung für eine digitale Offensive im Klassenzimmer wünschen.

Wie erklärt sich die Skepsis vieler Lehrer?

Am häufigsten hörten die Bildungsforscher um Wilfried Bos von der Technischen Universität Dortmund bei ihren Lehrerbefragungen für den "Länderindikator 2015", dass der Einsatz von Computern die Schreibfähigkeiten der Schüler verschlechtere. Außerdem befürchten viele Pädagogen, dass sich die Jugendlichen vom eigentlichen Lernen ablenken lassen und die Kontrolle über den Unterricht verloren geht. Dass Schüler sich nur noch unreflektiert Informationen aus dem Netz kopieren - auch dieser Verdacht ist bei deutschen Lehrern besonders weit verbreitet.

Sind gutwilligen Lehrern durch miese IT-Ausstattung an den Schulen die Hände gebunden?

Die Bos-Studie registriert tatsächlich "ungünstige Voraussetzungen". Nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Lehrer gaben an, an ihrer Schule stehe eine ausreichende IT-Ausstattung bereit. Aber: Immerhin fast zwei Drittel sind mit Geschwindigkeit und Stabilität der schulischen Internetverbindung inzwischen zufrieden. Gegenüber der internationalen Untersuchung ICILS vom Bundesministerium für Bildung und Forschung von 2013 lässt sich also eine positive Entwicklung feststellen. Der "Länderindikator" zeigt auch, dass derzeit fast die Hälfte der Lehrer Zugriff auf mobile Geräte wie Laptops oder Notebooks hat. Ebenfalls etwa jeder zweite Pädagoge gibt an, dass seine Schüler für den Unterricht eigene Geräte nutzen dürfen - auch um Ausstattungsmängel auszugleichen.

Fühlen sich Lehrer konzeptionell gut gerüstet?

Lediglich etwa ein Drittel hält die pädagogische Unterstützung für ausreichend. Am besten sieht es dabei, wie übrigens auch in anderen Untersuchungsbereichen der "Schule digital"-Studie, in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg aus, die ansonsten bei Bildungsvergleichen wie PISA schwach abschneiden.

Und was tut die Politik?

Verfechter einer digitalen Bildung wie der Unions-Fraktionschef im Bundestag, Michael Kretschmer , fordern mehr Anstrengungen von Bund und Ländern für echte Computer-Kompetenz an den Schulen. Der CDU-Mann verweist auf die ICILS-Studie, wonach Achtklässler in Deutschland mit ihren Computer-Fähigkeiten nur im Mittelfeld von insgesamt 24 Staaten liegen. Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe, Sprecher der rot-grün geführten Länder in der Kultusministerkonferenz, räumt ein, "dass alle Bundesländer in diesem wichtigen Themenfeld erst am Anfang stehen". Man sei dabei, "ein konkretes Handlungskonzept zum Thema digitales Lernen zu erarbeiten" - besonders für bessere Bildungspläne und mehr Lehrerfortbildungen.

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