Schatzkammer des europäischen Films

Saarbrücken · Für Filmfans ist das Portal European Film Gateway eine Goldgrube: Hier können sie in Schätzen aus über 100 Jahren Filmgeschichte stöbern. Das Besondere: Auch bislang ungezeigtes Bildmaterial aus dem Ersten Weltkrieg gibt es zu sehen.

100 Jahre alte Videos aus der Stummfilmzeit, Fotografien von Schauspielerin Marlene Dietrich und historische Aufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg - auf der Online-Plattform europeanfilmgateway.eu finden Filmliebhaber und Geschichtsinteressierte bislang ungezeigtes und weitgehend unbekanntes Material.

Die Themengebiete des Portals sind breit gefächert. Amateur- und Experimentalfilme aus der Zeit des frühen Kinos sind ebenso vertreten wie norwegische Werbefilme aus den 50er Jahren, italienische Wochenschauen aus den 60er Jahren und Kinotrailer aus den 2000ern. Neben bewegten Bildern gibt es auf der Webseite zahlreiche Fotografien, Kinoplakate, Programmhefte, Zeitschriften und Produktionsunterlagen. Aktuell umfasst die virtuelle Sammlung rund 600 000 Videos, Bilder und Texte aus ganz Europa.

Das European Film Gateway (Europäisches Filmportal) wird vom Deutschen Filminstitut (DIF) koordiniert und entstand von 2008 bis 2011 im Rahmen des gleichnamigen, von der Europäischen Union geförderten Projektes. "Unser Ziel ist es, ein Schaufenster in den Bestand der europäischen Filmarchive zu bieten", erklärt Julia Welter, die im Projektmanagement tätig ist. Allerdings sei ein Großteil des Filmmaterials noch gar nicht digitalisiert, sie betont: "Daher finden Nutzer auf der Internetseite auch nur einen ganz kleinen Ausschnitt."

32 Institutionen und Kinematheken stellen mittlerweile Material zur Verfügung, unter anderem das Cinecittà Luc in Rom, die Cinémathèque Française in Paris, das Filmarchiv Austria in Wien und das Imperial War Museum in London.

Einen besonderen Schwerpunkt legt das Portal auf Videos aus dem Ersten Weltkrieg. Der Verband der europäischen Filmarchive und Kinematheken hat dazu sogar eine eigene Initiative ins Leben gerufen. Diese trägt den Namen EFG1914 und hat in den vergangenen zwei Jahren Material zusammengesucht, das einen Bezug zur "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" aufweist. "25 Archive aus ganz Europa haben mittlerweile Aufnahmen zur Verfügung gestellt. Das ist einfach ein Thema, das die Menschen interessiert", meint Welter. Insgesamt umfasst die Sammlung 2900 ausgewählte zeitgenössische Filme , die das Kriegsgeschehen an der Front und das Leiden der Zivilbevölkerung anschaulich und auf bewegende Weise verdeutlichen. Wochenschauen, Dokumentar- und Spielfilme liefern Bilder von Gefechten in der Luft und zur See, von Panzerschlachten , Frauen und Kindern in Kriegsgebieten und Militärparaden, die den Durchhaltewillen der Bevölkerung festigen sollten. Interessant ist das jeweilige Propagandamaterial der am Krieg beteiligten Staaten; nicht nur, weil sich daran deutliche nationale Unterschiede aufzeigen lassen, sondern insbesondere deswegen, weil im Ersten Weltkrieg erstmals Filme zur Beeinflussung der Massen eingesetzt wurden.

Einen Schatz stellen die Aufnahmen außerdem dar, weil von allen Filmen, die in der Stummfilmära (1895-1927) produziert wurden, heute nur noch knapp 20 Prozent erhalten sind. Einen kleinen Teil davon können sich die Besucher auf dem Online-Portal anschauen.

europeanfilmgateway.eu/de

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HintergrundDas European Film Gateway ist eine Internetseite, die Zugriff auf Hunderttausende filmhistorische Dokumente bietet. Das Portal ist Teil der europäischen digitalen Bibliothek Europeana . Sie verwaltet das kulturelle Erbe Europas von der Vor- und Frühgeschichte bis in die Gegenwart und ermöglicht online die Suche nach digitalisierten Beständen aus Archiven, Museen und Galerien in ganz Europa. Derzeit bietet Europeana Zugriff auf über 18 Millionen digitale Dateien. kkeuropeana.eu

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