Gamescom feiert Jubiläum Runde zehn im großen digitalen Spiel

Köln · Als die Gamescom 2009 erstmals ihre Tore öffnete, war die Messe vor allem ein Treffpunkt für eingefleischte Spiele-Fans. Seitdem ist viel passiert. Die Computerspieleszene ist keine Nische mehr, sondern gesellschaftsfähig geworden.

 Im vergangenen Jahr erlebten Besucher der Gamescom mit VR-Brillen die virtuelle Realität.

Im vergangenen Jahr erlebten Besucher der Gamescom mit VR-Brillen die virtuelle Realität.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Gamescom ist ein Ort, an dem sehr viel gleichzeitig passiert. Die Messehallen sind abgedunkelt, aber von grellen Bildschirmen durchzogen. Auf der einen Seite treffen sich Fachbesucher mit Anzug und Schlips, auf der anderen kostümierte Spielefans in den Fantasie-Outfits ihrer Lieblingshelden – genannt Cosplayer. Vor mancher Bühne springen Hunderte Menschen zu lauten Elektro-Beats auf und ab, um kostenlose T-Shirts zu fangen. An anderer Stelle warten Spielefans stundenlang geduldig darauf, ein neues Spiele-Erlebnis als erste weltweit zu testen.

Diese Szenen werden auch in der kommenden Woche wieder auf der Gamescom 2018 (21. bis 25. August) in Köln zu erleben sein. Bei all den knalligen Bildern, Neuheiten und Branchenzahlen schwingt in diesem Jahr allerdings auch etwas mit, das der schnelllebigen Digitalszene recht fremd ist: ein Gefühl für Geschichte. Denn die Gamescom feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum.

2009 öffnete die Video- und Computerspielmesse erstmals in Köln. Sie löste damals die Gamesconvention in Leipzig ab. Für die Stadt in Sachsen war es ein herber Schlag. In Köln sahen die Verantwortlichen des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) – mittlerweile aufgegangen im Verband der deutschen Games-Branche (game) – bessere Perspektiven für die Messe, deshalb der Umzug.

Damals noch eher klein, können sich Gamescon-Besucher mittlerweile leicht in der rießigen Halle verlaufen. Die Messe ist nämlich massiv gewachsen. „In so einer schnellen Branche kann man nie zehn Jahre vorausschauen. Aber wir hatten damals eine Vision“, sagt Tim Endres von der Messegesellschaft „Koelnmesse“, verantwortlich für die Gamescom. „2009 sind wir mit rund 450 Ausstellern gestartet – in diesem Jahr werden wir die 1000-Aussteller-Marke knacken. 2017 hatten wir 355 000 Besucher – im ersten Jahr waren es rund 245 000.“ 

Die Gamescom ist Messe und Event zugleich. Sie zieht ihre Bedeutung daraus, eine Art Vergrößerungsglas für die Video- und Computerspielszene zu sein. Was vor 30 Jahren noch absolute Nische war, schwappt heute weit in den Mainstream, inklusive einer kaum überblickbaren Zahl an Subkulturen. Es gibt Hardcore-Gamer und Gelegenheitsspieler, eine Youtube-Community und Rollenspieler, Retro-Fans aus den 80ern und Besucher, die die neuste Spiele-Technik als erste erleben wollen. Diese unterschiedlichen Spiele-Fans soll eine einzige Messe abbilden. Die Gamescom nennt sich deshalb selbst das „weltweit größte Event für Computer- und Videospiele“ – mit Betonung auf Event. „Die Gamescom ist mehr als eine Messe geworden“, sagt Tim Endres.

2016 war sogar der Kölner Dom in die internationale Spielemesse miteingebunden. Er blieb damals bis spätabends geöffnet und inszenierte sich mit einer Musik- und Lasershow. 2017 kam die Kanzlerin zur Eröffnung. Die Branche feierte dies als „Ritterschlag“. Zu Zeiten der Killerspiel-Debatten vor einigen Jahren wäre so ein Besuch wohl undenkbar gewesen. In diesem Jahr wollen Land und Stadt zur Jubiläumsmesse das Rheinufer illuminieren. Das große Interesse und die steigenden Besucherzahlen bedeuten für Endres vor allem eins: „Die Spiele sind in der Gesellschaft angekommen“.

Die Kehrseite sei jedoch, dass die Gamescom seltener weltweite Schlagzeilen macht, wenn es um bahnbrechende Neuheiten geht. „Die Gamescom ist eine eindeutige Besuchermesse. Man muss also hin, wenn man etwas erleben will“, sagt Patrik Schönfeldt vom Verband für Deutschlands
Video- und Computerspieler. In die endlosen Warteschlangen vor den Blockbuster-Spielen würde er sich im Übrigen auch nicht stellen, bekennt Schönfeldt. „Man kann es vielleicht mit einem Freizeitpark vergleichen, in dem man auch mal drei Stunden für eine Achterbahn ansteht“, sagt er.

Wie soll es zukünftig für die Spielemesse in Köln weitergehen? Wann sind die Grenzen der Gamescom erreicht? Was den Platz angeht, gibt Endres erstmal Entwarnung. Derzeit habe die Gamescom 200 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, sagt er. Das Messegelände umfasse aber insgesamt 280 000 Quadratmeter. „Wir haben also noch Luft.“

(dpa)
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