Roboter als Anlageberater

Zweibrücken · In Zeiten niedriger Sparzinsen werden Aktien als Geldanlage interessanter. Doch die haben höhere Risiken und die Gewinne werden durch Bankgebühren geschmälert. Sogenannte Robo Advisor im Internet wollen beides begrenzen.

 Wer das Auf und Ab an den Börsen beherrschen will, braucht viel Fachkenntnis und einen guten Berater. Sogenannte Robo Advisor, neuartige Computerprogramme zur Aktienanlage, versprechen Nutzern eine Depotverwaltung mit geringem Aufwand. Foto: Fotolia

Wer das Auf und Ab an den Börsen beherrschen will, braucht viel Fachkenntnis und einen guten Berater. Sogenannte Robo Advisor, neuartige Computerprogramme zur Aktienanlage, versprechen Nutzern eine Depotverwaltung mit geringem Aufwand. Foto: Fotolia

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Für den Verlauf, den der deutsche Aktienindex Dax in diesem Jahr genommen hat, gibt es im Englischen den Ausdruck "drunken walk": Wie der Gang eines Betrunkenen schwankte er heftig hin und her. Derweil erinnert der Zinssatz auf Spareinlagen an einen Volltrunkenen im Endstadium: Er liegt komatös am Boden.

Die Kombination aus tiefen Zinsen und hoher Unsicherheit stellt denjenigen vor ein Problem, der sein Kapital mehren möchte - oder auch nur die Inflation, die allmählich wieder an Fahrt gewinnt, ausgleichen will. Eine Lösung versprechen Finanzdienste aus dem Internet, die Privatanleger bei der richtigen Investition unterstützen wollen.

Robo Advisor nennen sich diese Dienste. Wie der englische Name sagt, bieten sie Ratschläge vom Roboter . Genauer gesagt handelt es sich um Computerprogramme, die durch standardisierte Fragen den Kunden zur Geldanlage führen, erklärt Steffen von Blumröder vom Digitalverband Bitkom.

Nutzer müssen auf einer Webseite Angaben zu Investitionssumme und -zielen machen und darlegen, wie sie bei bestimmten Entwicklungen an der Börse reagieren würden. "Bei der Befragung wird die Risikobereitschaft des Kunden eingeschätzt und eine entsprechende Anlagestrategie vorgeschlagen", sagt von Blumröder.

Die Redaktion Finanztest der Stiftung Warentest hat 18 Anbieter solcher Internet-Dienste untersucht. Sie unterteilt die Roboter in drei Gruppen, je nach Umfang der angebotenen Dienstleistung: Sogenannte Full-Service-Robos wie Fintego, Liqid, Vaamo und Whitebox bieten eine Komplett-Verwaltung des Kundendepots samt Anlagestrategie und Abwicklung der Transaktionen. Half-Service-Robos wie Easyfolio, Ginmon, Growney und Visualvest schlagen Strategien vor und vermitteln Anlageprodukte - der Nutzer muss den Buchungen aber explizit zustimmen. Bei Self-Service-Robos wie Moneyfilter, Maxblue, JustETF und Targobank bekommt der Kunde lediglich strategische Vorschläge unterbreitet, um die konkreten Produkte und die Buchung muss er sich selbst kümmern.

Die von Finanztest untersuchten Anbieter arbeiten hauptsächlich mit sogenannten ETFs. Das sind börsengehandelte Fonds (Exchange-Traded Fonds), die meist einen Index abbilden, also eine Gruppe ausgewählter Aktienkurse wie den deutschen Dax, den europäischen Euro Stoxx 50 oder auch den brasilianischen Ibovespa. Sie gelten als besonders kostengünstig. Neben diesen passiven Fonds setzen einige Anbieter auch auf aktiv betriebene Fonds, die von der US-Investmentfirma Dimensional verwaltet werden. Das kann zu zusätzlichen Kosten führen.

Die Gebühren für die Angebote richten sich nach der Anlagesumme der Nutzer - 0,15 bis 1,2 Prozent des Depotwerts können die Robos pro Jahr kosten. Je höher die Summe ist, desto geringer fällt tendenziell der Kostenanteil aus. Zusätzlich können 0,2 bis 0,4 Prozent fondsinterne Kosten der ETFs anfallen. Finanztest empfiehlt Nutzern, nicht mehr als 0,5 Prozent Grundgebühr für die Dienste zu akzeptieren. Andernfalls lohne sich die Anlage oft nicht mehr.

In Deutschland sind die Finanzroboter bisher noch ein Nischenprodukt. Erhebungen des Statistikportals statista.de zufolge nutzen hierzulande gerade einmal 10 000 Menschen die Programme. 13 000 Euro lassen sie dabei im Durchschnitt verwalten. In den USA sind es dagegen bereits über drei Millionen Nutzer mit einem durchschnittlichen Anlagevolumen von 100 000 Euro.

Wie die Erfolgsaussichten der Programme sind, lässt sich laut Finanztest noch nicht einschätzen. Die Angebote sind schlicht zu neu, um ihre Effektivität beurteilen zu können - die meisten gibt es erst seit etwa zwei Jahren.

Den Prognosen zur Wertentwicklung der Anbieter selbst sollten die Nutzer allerdings mit Skepsis begegnen. Sie beziehen sich auf vergangene Entwicklungen und gäben keinen zuverlässigen Aufschluss über kommende Erträge, betont Finanztest.

Ein Rundum-Sorglos-Paket liefern die Roboter also nicht. Auch wenn ihre automatisierten Empfehlungen angeblich auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, gibt es keinerlei Garantie, dass Anwender am Ende mit einem Gewinn dastehen.

Wer den Maschinen misstraut und Entscheidungen über sein Geld grundsätzlich selbst fällen will, gleichzeitig aber auf der Suche nach Investitionstipps ist, dem legt Finanztest einen der Self-Service-Robos nahe. Sie sind meist kostenlos und der Anleger behält die volle Kontrolle über sein Geld.

Aktuell befinden sich viele Aktienkurse auf Rekordniveau, der amerikanische Dow Jones beispielsweise kratzt erstmals an der 20 000-Punkte-Marke. Aber bei Aktien ist es oft wie mit dem Alkohol: Rausch und Kater liegen dicht beieinander.

test.de/robo-advisor

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