Richard Wagner entfacht Streit um Urheberrechte

Mannheim/Berlin · Der Urheberrechtsschutz an einem Bild endet 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers. Wie ist die Rechtslage, wenn das Gemälde später abfotografiert wird? Darüber streitet ein Museum mit Wikipedia.

 Stein des Anstoßes in einem Urheberrechtsstreit ist die Fotografie eines Gemäldes von Cäsar Willich, das den Komponisten Richard Wagner darstellt. Foto: Jean Christen/Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

Stein des Anstoßes in einem Urheberrechtsstreit ist die Fotografie eines Gemäldes von Cäsar Willich, das den Komponisten Richard Wagner darstellt. Foto: Jean Christen/Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

Foto: Jean Christen/Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

Richard Wagner macht einen ernsten Eindruck auf dem um 1862 entstandenen Ölgemälde. Ernst geht es auch beim juristischen Streit zu, der gut 150 Jahre später zwischen einem Mannheimer Kunstmuseum und der Online-Enzyklopädie Wikipedia um das Bild entfacht ist.

Das Gemälde des Malers Cäsar Willich (1825-1868) gehört zum Bestand der Reiss-Engelhorn-Museen. Ein Foto davon, aufgenommen vom Fotografen des Ausstellungshauses, ist auf mehreren Wikipedia-Seiten zu sehen. Nach Auffassung der Wikimedia, der Organisation hinter Wikipedia , handelt es sich um ein "gemeinfreies Bild". Es dürfe daher ohne Genehmigung verbreitet werden.

Die Stadt Mannheim, als Museumsbetreiber sieht dagegen ihr Urheberrecht und ihr Recht am Eigentum verletzt - und klagt jetzt vor dem Berliner Landgericht gegen das Online-Lexikon. "Uns geht es nicht darum, dass die Millionen Menschen, die ganz normal Wikipedia nutzen, nicht in den Genuss dieses Bilds kommen können", erklärt der Generaldirektor des Museums, Alfried Wieczorek. "Aber wir möchten kontrollieren, dass etwas, was uns gehört, nicht in falsche Hände gerät." So herrscht in den Ausstellungsräumen auch ein Fotografierverbot und hauseigenes Bildmaterial kann nur nach Absprache und gegen Zahlung verwendet werden.

Unvereinbare Positionen

"Ich verstehe nicht, warum eine öffentliche Institution, die einen Bildungs- und Forschungsauftrag hat, mit aller Macht gegen die Verbreitung von Wissen vorgeht", kontert Christian Rickerts, Geschäftsführender Vorstand von Wikimedia Deutschland. Wissenschaftliche und kulturelle Projekte würden gerne unterstützt, sagt Museumsdirektor Wieczorek. "Insbesondere die kommerzielle Nutzung von Bildern muss aber abgestimmt werden." So habe ein US-Unternehmen das Foto aus der Wikipedia verwendet und Werbemittel mit dem Wagner-Porträt produziert - ohne Rücksprache mit dem Museum.

Am Original-Gemälde ist zweifelsohne das Urheberrecht erloschen. Offen ist aber die Frage, wer die Nutzungsrechte an dem Foto und an 16 weiteren Fotografien gemeinfreier Gemälde aus Mannheim hat.

"Für beide Seiten geht es um eine Menge", sagt der Hamburger Jurist Oliver Stegmann, der auf Medien- und Urheberrecht spezialisiert ist. "Wäre es zulässig, was Wikimedia macht, dann würde vielen Museen eine Erlösquelle wegbrechen. Umgekehrt wäre es für Wikimedia eine Einschränkung, wenn sie ihre Bilddatenbank nicht mehr so frei wie bisher bestücken könnte."

Das Museum ist dagegen der Ansicht, die Rechte beim Hausfotografen lägen, der die Bilder mit viel Aufwand und in hoher Qualität abgelichtet habe. "Wenn sich Wikipedia durchsetzt, würden viele Menschen die von der Fotografie leben, ihre Rechte und Einnahmen verlieren", sagt der Museumsdirektor.

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