Podcasts und Clubhouse im Auto Wenn das Auto zur Musikbox wird

München/Köln · Wer beim Fahren laute Musik hört oder über eine Audio-App wie Clubhouse an Internet-Diskussionen teilnimmt, kann dabei an den Rand des rechtlich Erlaubten geraten, warnen Juristen. Bei einem Unfall kann das teuer werden.

 Wenn die Lautstärke von Hörbüchern und Co. moderat ist, dürfen sie auch im Auto gehört werden.

Wenn die Lautstärke von Hörbüchern und Co. moderat ist, dürfen sie auch im Auto gehört werden.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Die Strecke ist lang, die Fahrt langweilig. Laute Musik im Auto mag da befreiend wirken, sie kann aber auch vom Fahren ablenken. Aber wie ist das mit Hörbüchern in moderater Lautstärke, Podcasts oder engagierten Diskussionen in Audio-Apps wie Clubhouse oder Twitter Spaces? Was ist erlaubt?

„In welchen Situationen sich Autofahrer von Musik berieseln lassen oder einer Diskussion folgen, hängt stark von der Strecke ab“, sagt Ulrich Chiellino, Verkehrspsychologe beim ADAC. „In einem Wohngebiet erfordert das Fahren volle Konzentration, auf einer Autobahn im flüssigen Verkehr können Fahrer schon mal die Gedanken schweifen lassen.“ Auf langen Strecken liege vielmehr die Herausforderung darin, dass der Fahrer eine Balance zwischen Unter- und Überforderung findet. Denn beides sei für die Konzentration nachteilig.

Um Monotonie auf der Fahrt zu durchbrechen, schalten viele Fahrer das Radio ein, telefonieren oder hören Podcasts. Diskussionen oder intensive Gespräche über komplexe Themen seien fürs Autofahren weniger geeignet, meint Chiellino. Autofahrer, sich durch Musik oder Diskussionen ablenken ließen, nehmen ihre Umgebung nicht mehr richtig wahr. Die Aufmerksamkeit liege nicht mehr auf dem Straßenverkehr und es könne länger dauern, bis der Fahrer in kritischen Situationen reagieren könne.

Thomas Kiehl, Krimiautor und Clubhouse-Moderator, sieht bei den Diskussionsräumen der sozialen Netzwerke noch ein anderes Problem: „Diskussionsbeiträge auf Clubhouse unterscheiden sich nicht grundsätzlich von Radiobeiträgen, Hörbüchern oder Podcasts.“ Wenn der Nutzer nicht gerade aktiv mitdiskutiert, liege der Unterschied vor allem in der Bedienung. Das gilt etwa auch für Twitter Spaces.

Die Auswahl erfolgt in der App wie auch eine Wortmeldung, wenn der Nutzer im virtuellen Raum mitreden möchte. Dazu muss die Software bedient werden. „Clubhouse sollten Autofahrer daher wie einen Radiosender vor der Fahrt einstellen“, rät Kiehl. Wer nicht mehr nur zuhören, sondern in einer Diskussion auch mitreden möchte, müsse rechts ranfahren, um das Smartphone zu bedienen. Und beim reinen Zuhören gelte: „Wer das Gefühl hat, eine Stelle nicht verstanden zu haben, der sollte nicht am Handy zurückspulen oder sich den Kopf zerbrechen, denn das stört die Konzentration beim Autofahren.“

Auch Uwe Lenhart, Rechtsanwalt für Verkehrsrecht, rät beim Thema Handy im Auto zur Vorsicht: „Das Smartphone darf vom Autofahrer nicht aufgenommen und gehalten werden.“ Selbst das Multimedia-System des Fahrzeugs samt integrierter Apps dürfe immer nur kurzzeitig berührt werden. Idealerweise nutzt der Fahrer Sprachsteuerung und Vorlesefunktionen, so weit diese vorhanden sind. Sich frei mit dem Smartphone oder anderen Gerätschaften beschäftigen, darf der Fahrer erst, wenn der Motor ausgestellt ist.

Ganz gleich, was gehört wird: Während der Fahrt sollte die Lautstärke nicht zu hoch eingestellt sein. Denn laut Straßenverkehrsordnung darf man während der Fahrt andere Verkehrsteilnehmer nicht durch zu laute Musik und andere Beiträge gefährden oder in erschwerender Weise ablenken oder belästigen.

Wer zu laut Musik höre oder Kopfhörer trage, schaffe künstliche „Schwerhörigkeit“ und beeinträchtige die Verkehrssicherheit, erklärt Lenhart. Dadurch fehle ein wichtiger Sinn, um Geräusche wahrzunehmen, die für die Einschätzung von Verkehrsabläufen wichtig sind.

Wird ein herannahendes Einsatzfahrzeug von Polizei, Feuerwehr oder Rettungskräfte nicht gehört, könne das zu einem Unfall führen. Bei Verstößen drohen zehn Euro Verwarnungsgeld, bei einem Unfall kann es um fahrlässige Körperverletzung gehen. Außerdem könne der abgelenkte Fahrer im Falle eines Unfalls allein schuldig sein oder zumindest eine Teilschuld tragen. Grundsätzlich auf Diskussionen bei Clubhouse oder Podcasts verzichten, müsse der Fahrer nach Ansicht von Anwalt Lenhart aber nicht.

Egal ob Musik, spannende Diskussionsthemen, eine Reportage, ein Hörbuch, die Nachrichten im Radio oder ein unterhaltsamer Podcast: Alle lösen zwar Emotionen aus, sind der Fahrsicherheit beim reinen Zuhören aber nicht abträglich, im Gegenteil: „Bei langen Fahrten steigert eine gesunde Abwechslung die Konzentration“, sagt Verkehrspsychologe Chiellino. Eines sollten Autofahrer bei der Mischung von Unterhaltung nicht vergessen: Auch Stille kann im Auto Abwechslung und Erholung bieten.

(dpa)
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