Pilze von der Sonnenbank decken den Vitamin-D-Bedarf

Nicht nur unsere Haut produziert bei Sonnenschein Vitamin D. Auch Pilze bilden es unter UV-Licht in Mengen. Die Faustformel lautet 30-30. 30 Gramm in dünne Scheiben geschnittene Pilze, die 30 Minuten in der Sonne liegen, enthalten eine Tagesdosis Vitamin D.

Freiburg. Die Forschung unterscheidet mittlerweile wenigstens fünf Varianten des Vitamin D. Die beiden wichtigsten sind Vitamin D3 (Cholecalciferol), das in den Hautzellen von Mensch und Tier gebildet wird, und das Vitamin D2 (Ergocalciferol), das vor allem in Pilzen vorkommt. Ob sich diese Varianten in ihrer Wirkung im menschlichen Organismus unterscheiden, ist, wie so vieles in der Vitamin-D-Forschung, bisher noch nicht gründlich genug untersucht worden. "Es gibt Studien, die Unterschiede zeigen und andere, die zum gegenteiligen Resultat kommen", erklärt Dr. Paul Urbain von der Uniklinik Freiburg.

Der Ernährungswissenschaftler untersucht in einem Forschungsprojekt ein verblüffend einfaches Verfahren, dem Vitamin-D-Mangel in Deutschland auf natürliche Weise abzuhelfen. Es setzt auf getrocknete Pilze. Dieses seit Jahrhunderten praktizierte Konservierungsverfahren, bei dem die Fruchtkörper der Pilze in dünne Scheiben geschnitten und in der Sonne getrocknet werden, hat eine unerwartete Nebenwirkung, fand Paul Urbain heraus. Durch die Ultraviolett-Bestrahlung entstehen in den Pilzen beim Trocknen große Mengen des Vitamins D2.

Der Freiburger Forscher konzentriert sich bei seiner Suche auf Champignons. Der photochemische Prozess, bei dem im Fruchtkörper des Pilzes Vitamin D2 gebildet wird, funktioniere jedoch im Prinzip bei allen Pilzarten gleich, so Urbain. Das durch UV-B-Licht gebildete Ergocalciferol sei chemisch stabil. Die getrockneten Pilze ließen sich deshalb, ohne dass sich in ihre biochemische Wirkung nennenswert ändert, lange lagern, einfrieren und aufkochen.

2011 erhielt Paul Urbain den Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für eine Studie, die zeigt, dass Vitamin D2 aus UV-bestrahlten Pilzen die Vitaminversorgung gesunder Erwachsener verbessert. Nun untersucht er in der UV-Messstation Schauinsland des Umweltbundesamtes, welche Vitamin-D-Konzentrationen sich bei unterschiedlicher Sonnenbestrahlung ergeben. ,"Wir testen Belichtungszeiten von 15 Minuten bis zu sechs Stunden." Die Studie ist Teil des EU-Programms Odin ("Optimal Vitamin D Nutrition"), an dem Wissenschaftler von 15 europäischen Universitäten teilnehmen.

Urbain geht nach Vorversuchen davon aus, dass es im Prinzip für eine Tagesdosis Vitamin D bereits genügt, 30 Gramm in fünf Millimeter dicke Scheiben geschnittene Pilze vor dem Verzehr an einem Sommertag 30 Minuten in die Mittagssonne zu legen. Präzise Messwerte seiner Belichtungsreihen erwartet der Freiburger Wissenschaftler in diesem Sommer.

Ziel von Urbains Messungen ist es allerdings nicht, neue Rezeptideen zu entwickeln. Seine Forschung soll mit UV-Licht beleuchteten Zuchtpilzen den Weg in die Küchen Europas ebnen. Der ist ihnen bislang versperrt, weil mit künstlichem UV-Licht belichtete Pilze in Europa unter die sogenannte Novel-Food-Verordnung fallen und in der EU nicht zugelassen sind, so der Freiburger Forscher. Diese Erlaubnis lasse sich in einem vereinfachten Verfahren schneller erlangen, wenn sie für eine bereits seit Langem bekannte Methode der Zubereitung von Lebensmitteln beantragt werde, die dann auch noch möglichst segensreiche Wirkungen auf die Gesundheit habe. Dafür solle das aktuelle Forschungsprojekt nun den Weg ebnen.

 30 Gramm in fünf Millimeter dünne Scheiben geschnittene Champignons, die eine halbe Stunde in der Mittagssonne gelegen haben, enthalten ungefähr eine Tagesdosis Vitamin D. Foto: Reinhardt

30 Gramm in fünf Millimeter dünne Scheiben geschnittene Champignons, die eine halbe Stunde in der Mittagssonne gelegen haben, enthalten ungefähr eine Tagesdosis Vitamin D. Foto: Reinhardt

Foto: Reinhardt

Zum Thema:

auf einen BlickMit UV-Licht beleuchtete Pilze bilden Vitamin D2. Mit ihnen ließe sich die Vitamin-D-Versorgung in Deutschland deutlich verbessern, zeigt eine Untersuchung des Freiburger Ernährungswissenschafters Paul Urbain. Er erhielt für diese Studie im Jahr 2011 den Max-Rubner-Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Jetzt untersucht er in einem EU-Projekt, wie sich die Vitamin-D-Konzentration bei zunehmender Dauer der Belichtung verändert. npodin-vitd.eu

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort