Pfadfinder für den Datendschungel

Berlin · Informationen auf den Internetseiten von Behörden zu finden, gleicht mitunter einem Suchspiel. Eine Stiftung will das ändern. Sie ruft Computerexperten zum „Programmieren für Deutschland“ auf.

Das nächste Date, die Wettervorhersage oder die Pizzalieferung - für alles gibt es eine App. Wer allerdings wissen will, wie weit die nächste Kita entfernt ist oder wo Baustellen den Weg versperren, muss sich oft durch ein undurchdringliches Datengestrüpp kämpfen. Städte und Gemeinden verfügen zwar über entsprechende Informationen, doch die Daten sind teilweise in langen Listen auf den offiziellen Webseiten gut versteckt.

Im vergangenen Jahr startete auch die Bundesregierung das Portal GovData, auf dem Datensätze der Bundesbehörden zu finden sind (govdata.de). Die Webseite besuchen 5000 Nutzer pro Monat, erklärt das zuständige Innenministerium - ein großer Ansturm sieht anders aus. Das liegt wohl auch daran, dass es hier nur die Rohdaten gibt: Interessant wird es erst, wenn sie in einer coolen App dargestellt werden, sagt Jens Fromm, Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT des Fraunhofer Instituts für Offene Kommunikationssysteme.

Die Stiftung "Open Knowledge Foundation" will das nun ändern. Sie hat das Projekt "Code for Germany" ins Leben gerufen (codefor.de/projekte/alle.html). Es soll Programmierer anregen, Informationen öffentlicher Stellen in hilfreiche Apps und Webseiten zu verwandeln. So sollen Bürger schneller Antworten auf ihre Fragen finden. Finanziell unterstützt wird das Projekt vom Suchmaschinenriesen Google. Für Julia Kloiber, Leiterin des Projekts, steht fest: "Wir haben in der Sache dasselbe Ziel", nämlich Informationen öffentlich zugänglich zu machen.

Aus Daten werden Karten

Beispiele für Anwendungen, die auf Code for Germany basieren, gibt es bereits. In Ulm erstellten Programmierer eine interaktive Karte von Kindertagesstätten (ulmapi.de/kleinerspatz). Grüne Häkchen zeigen an, ob dort noch Plätze frei sind, ein rotes Kreuz heißt: alles voll. Die Stadt veröffentlicht diese Informationen auf ihrer Webseite. Doch dort sind die Kitas nach Stadtteilen aufgelistet, sagt Stefan Kaufmann, der an dem Projekt arbeitete. Das sei unübersichtlich. Die Karte soll Eltern deshalb helfen, schneller eine Kita in der Nähe der eigenen Wohnung zu finden.

Generell sind digitale Landkarten ein beliebter Ansatzpunkt: In Berlin erstellten Programmierer eine Übersicht über die Standorte von Altglas-Containern, in Hamburg kartierten sie Spielplätze und in Heilbronn zeigten sie Stadtteile mit vielen oder wenigen Einbrüchen.

Doch die Entwickler hätten gerne noch mehr Daten zur Verfügung. "Die wirklich interessanten Datensätze gibt es noch nicht", sagt Julia Kloiber. Sie interessiert sich beispielsweise für die genauen Werte der Luftverschmutzung in verschiedenen Regionen, möchte wissen, wofür Steuern ausgegeben werden und wer öffentliche Aufträge bekommt.

Jens Fromm rät jedoch gerade bei solchen Daten zur Vorsicht bei der Veröffentlichung. Daten sollten keine Rückschlüsse auf einzelne Menschen zulassen. Und wenn Entwickler die unterschiedlichen Informationen verknüpfen, könnten soziale Brennpunkte stärker hervorstechen.

Code for Germany sucht den Austausch mit Behörden. In manchen Städten geschehe das bereits, berichtet Projektleiterin Kloiber. "Sobald man jemanden aus der Verwaltung mit den Entwicklern in Kontakt bringt, baut man Vorurteile automatisch ab." Lob gibt es von politischer Seite. "Ich bin wirklich ein großer Fan", sagte Gesche Joost, die Digitalbotschafterin der Bundesregierung bei der EU, zum offiziellen Startschuss des Projekts Anfang dieser Woche. Code for Germany zeige positive Beispiele für die Arbeit mit Daten und nehme so hoffentlich die Angst vor Datensammlung und "Big Data".

codefor.de/

projekte/alle.html

ulmapi.de/kleinerspatz

govdata.de

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