Vorsicht bei Online-Bewertungen Online-Bewertungen führen oft in die Irre

Berlin · Bei Kundenrezensionen im Internet sollten Nutzer vorsichtig sein. Die Kritiken können leicht ein falsches Bild vermitteln.

 Wer online einkauft, orientiert sich gern an der Meinung anderer Käufer. Das allein reicht für eine fundierte Kaufentscheidung aber oft nicht aus.

Wer online einkauft, orientiert sich gern an der Meinung anderer Käufer. Das allein reicht für eine fundierte Kaufentscheidung aber oft nicht aus.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Vor einem Einkauf im Internet werfen die meisten Interessenten einen Blick auf die Bewertungen anderer Käufer. Nur was von ihnen gut bewertet wurde, hat eine Chance, im eigenen Warenkorb zu landen. Viele Online-Handelsplattformen haben dazu ausgefeilte Bewertungssysteme entwickelt. Meist wird dort auf einer Skala von eins bis fünf angegeben, was die Anderen von der Ware halten.

Doch können sich Nutzer auf diese Rezensionen verlassen? Um diese Frage zu beantworten, haben Wissenschaftler der Technischen Universität Dortmund Urteile der Stiftung Warentest und Bewertungen von Kunden auf der deutschen Internetseite des Onlinehändlers Amazon verglichen. Das Ergebnis ist enttäuschend: Nur in knapp einem Drittel der Fälle sei der Testsieger der Stiftung Warentest auch das Produkt mit der besten Amazon-Bewertung gewesen, sagen die Forscher. Das bedeute, dass Käufer aus den Kundenbewertungen meist nicht auf die tatsächliche Produktqualität schließen könnten, sagen Sarah Köcher und Sören Köcher von der Dortmunder Hochschule. Doch es kommt noch schlimmer: „Hohe Bewertungen können über die tatsächliche Qualität eines Produktes hinwegtäuschen“, sagt Sören Köcher.

Wie kommt es zu dieser Abweichung? Laut Stiftung Warentest äußern Käufer oft emotionale und sogar extreme Meinungen zu den gekauften Produkten. Bewertungen im Mittelfeld seien hingegen selten. Ob eine Rezension emotional beeinflusst sei, könnten Laien jedoch meist nicht erkennen, erklärt Sandra Schwarz von der Stiftung Warentest. Selbst Fachleute täten sich damit schwer.

Etwas anders sieht es die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Zwar könnten die meisten Nutzer ein Produkt nicht professionell bewerten. Trotzdem könnten Käufer aus den Kundenkritiken Hinweise erhalten, wie alltagstauglich ein Produkt sei, sagen die Verbraucherschützer.

Amazon ermittle für die Gesamtzahl der Sterne nicht den Durchschnitt der Bewertungen, sagt die Stiftung Warentest. Der Onlinehändler berechne die Sterne mit einer komplexen Formel, die unter anderem berücksichtige, wie alt die Rezension sei oder wie authentisch der Nutzer wirke, der die Beurteilung abgegeben habe.

Um sich ein umfassendes Bild über die Qualität eines Produktes zu machen, empfiehlt die Stiftung Warentest, negative Kundenbewertungen ebenso zu lesen wie positive und neutrale . Nur so ergebe sich ein zuverlässiger Gesamteindruck. Auch sollten Käufer nach Mängeln suchen, die in den negativen Kritiken immer wieder auftauchten, raten die Tester. Bewertungen, die nichts mit der Qualität des Produkts zu tun haben, beispielsweise wie schnell die Ware geliefert wurde, seien bedeutungslos, so die Stiftung Warentest. Sei ein Text besonders lang, handele es sich dabei oft um eine bezahlte Rezension. Sollte dem Käufer eine Formulierung merkwürdig vorkommen, solle er diese in einer Suchmaschine eingeben oder sich das Profil des Nutzers ansehen, empfehlen die Tester. Falle beispielsweise auf, dass dieser in einem Monat zehn Smartphones bewerte, sei er wahrscheinlich kein gewöhnlicher Verbraucher.

Wer nicht die Zeit habe, viele Bewertungen durchzusehen, der solle vor allem auf oft wiederholte Kritikpunkte achten, empfiehlt die Stiftung Warentest. Wenn ein und derselbe Mangel häufig erwähnt werde, könne ein Nutzer davon ausgehen, dass das Produkt immer diesen Fehler aufweise. Allgemein gelte: Je mehr Geld ein Kunde ausgeben wolle, desto gründlicher müsse er sich vor dem Kauf informieren, rät die Stiftung Warentest.

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