Neue Technik in alten Netzen

Bonn · Vectoring-Technik oder Glasfaserausbau? Zwischen der Deutschen Telekom und ihren Wettbewerbern tobt ein erbitterter Streit über das schnelle Internet. Es geht um die Hoheit über das Kabel-Netz.

Internetnutzer haben nur ein Interesse: Schnell soll es gehen, wenn Daten durchs Internet rauschen, und bequem muss das Surfen sein. Doch das geht nur, wenn entsprechende Netze geknüpft sind. Die Telekom will in Deutschland flächendeckend die sogenannte Vectoring-Technik installieren und so für neue Überholspuren auf der Daten-Autobahn sorgen. Doch das funktioniert nur, wenn andere draußen bleiben. Die Wettbewerber sprechen von Remonopolisierung und drohen mit dem Gang zum Bundesverfassungsgericht .

Was überhaupt ist Vectoring?

Die Vectoring-Technik ermöglicht kostengünstig die Aufrüstung bestehender VDSL-Leitungen, ohne dass neue Kabel verlegt werden müssen, wie es bei Glasfaser der Fall ist. Das spart enorme Investitionsausgaben und zudem Zeit: Mithilfe von Vectoring könnte das Ziel der Bundesregierung, jedem Haushalt in Deutschland bis Ende 2018 einen Internetanschluss mit Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zu bieten, umgesetzt werden.

Der Nachteil dieser Technik besteht darin, dass sie nur funktioniert, wenn der Anbieter alle Signale in einem Hauptverteiler kontrolliert. Bundesweit gibt es rund 8000 dieser Hauptverteiler, an denen die Verbindungskabel der Netzbetreiber angeschlossen sind. Wird in ihnen die Vectoring-Technik realisiert, sind technisch alle anderen, die VDSL über einen dieser Verteiler anbieten, draußen. Laut Telekom müssten 135 000 Anschlüsse von Telekom-Konkurrenten dadurch abgeklemmt werden.

Was bedeutet das für Wettbewerber der Telekom?

Die Bundesnetzagentur hat als Kompromiss vorgeschlagen, dass Wettbewerber der Telekom, die im Bereich eines Hauptverteilers mehr VDSL-Kabel erschlossen haben als die Telekom, dort selbst Vectoring ausbauen können. Wer den Hauptverteiler mit Vectoring ausrüstet, muss allen anderen Anbietern Netz-Dienste auf Basis ihres Produkts anbieten können.

Was fordert die Telekom-Konkurrenz?

Vor allem einen Schutz ihrer Investitionen in Glasfasernetze. Vectoring würde solche Anstrengungen untergraben, da damit weiter in erster Linie das kupferbasierte Netz und nicht der Glasfaserausbau gefördert werde. Damit wolle die Telekom wieder ein Monopol aufbauen und den letzten Cent aus den längst abgeschriebenen Kupferleitungen herauspressen, kritisiert der Branchenverband VATM. Durch die kostengünstigere Vectoring-Technik könne der Infrastrukturwettbewerb weiter geschwächt werden, warnte das Bundeskartellamt schon 2013. "Ein zukunftsträchtiger Glasfaserausbau wäre nicht mehr möglich", sagte der Präsident des Bundesverbands Breitbandkommunikation, Norbert Westfal. Zugleich drohte er mit Verfassungsbeschwerde und verwaltungsrechtlichen Schritten.

Welche Argumente führt die Telekom ins Spiel?

Telekom-ChefTim Höttges betont immer wieder, dass im Vordergrund das Ziel stehe, den Kunden schnelle Internetanschlüsse zu bieten - und zwar kurzfristig. Vectoring sei eine Frischzellenkur für das Kupferkabel, mit der eine ausgereifte Technik an den Start gehe, die das Netz bis zu viermal schneller mache. Betroffen in den Hauptverteilern seien zudem nur 1,5 Prozent der angemieteten Leitungen der Wettbewerber. Aber fast sechs Millionen Haushalte ließen sich durch den Vectoring-Ausbau an das schnelle Internet anschließen, so die Deutsche Telekom.

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