Studie von Hans-Bredow-Institut und Unicef Kinder hängen immer länger am Netz

Hamburg · Viele junge Menschen können nicht ohne das Internet. Die Eltern wissen oft nicht, was ihr Nachwuchs online macht.

 Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit im Internet, bestätigt eine Studie.

Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit im Internet, bestätigt eine Studie.

Foto: Patrick Seeger/dpa/Patrick Seeger

Kinder und Jugendliche verbringen immer Zeit im Internet. Das hat eine Erhebung des Hamburger Leibniz-Instituts für Medienforschung (Hans-Bredow-Institut) und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Unicef, bestätigt. Wie aus der Umfrage hervorgeht, sind Kinder und Jugendliche zwischen neun und 17 Jahren im Durchschnitt knapp zweieinhalb Stunden täglich im Netz. Am Wochenende seien es sogar drei Stunden. Die Medienforscher befragten im Rahmen der Erhebung auch Eltern, ob sie wissen, wie viel Zeit ihre Kinder im Internet verbringen und was sie dort genau tun. Dabei stellte das Institut einen deutlichen Unterschied fest zwischen dem, was Eltern glauben zu wissen, und dem, was die Kinder tatsächlich tun.

Das Smartphone ist laut der Erhebung das bevorzugte Gerät unter jungen Menschen, um ins Internet zu gehen. Die Smartphone-Nutzung steige vor allem im Alter zwischen zwölf und 14 Jahren stark an. Je mehr Heranwachsende das Internet nutzen, desto größer sei die Gefahr, dass sie dort etwas für sie Belastendes erleben, so das Hamburger Institut. Neun Prozent der Kinder und Jugendlichen haben im vergangenen Jahr online etwas erlebt, bei dem sie sich unwohl gefühlt haben, was ihnen Angst gemacht hat oder von dem sie dachten, sie hätten es nicht sehen sollen. Etwa doppelt so viele Mädchen wie Jungen berichteten von solchen Erlebnissen.

Als die Medienforscher konkreter nachfragten, erhielten sie teils sehr unterschiedliche Antworten. Jeweils gut ein Viertel der Heranwachsenden habe im Internet Bilder, Videos oder Diskussionen über die Nutzung von Drogen, gewalttätige Bilder oder Hassnachrichten gesehen. Ebenfalls ein Viertel der Kinder und Jugendlichen habe in den vergangenen zwölf Monaten Erfahrungen mit verletzendem Verhalten gemacht, sowohl im Netz als auch in der echten Welt.

Auch haben die Forscher festgestellt, dass die Jüngeren das, was Erwachsene als Risiken betrachten, oft anders wahrnehmen. Das zeige sich insbesondere am Beispiel sexueller Inhalte. 54 Prozent der befragten Zwölf- bis 17-Jährigen sind nach eigener Angabe in den vergangenen zwölf Monaten mit sexuellen Darstellungen in Berührung gekommen, meistens über das Internet. Dem Großteil der Jungen (61 Prozent) habe es gefallen, bei den Mädchen seien es nur 19 Prozent gewesen. 37 Prozent derjenigen, die im vergangenen Jahr sexuelle Inhalte gesehen haben, geben zudem an, diese gezielt ausgewählt zu haben. 30 Prozent der Befragten sagen, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten ungewollt mit intimen oder anzüglichen Fragen konfrontiert worden seien, wobei Mädchen stärker betroffen seien (34 Prozent) als Jungen (23 Prozent).

Zwölf Prozent der Heranwachsenden haben sich im vergangenen Jahr mit einer Person, die sie aus dem Internet kennen, persönlich getroffen. Über die Hälfte der Eltern sei besorgt, dass soziale Medien von Fremden genutzt werden, um das Vertrauen der Kinder zu erlangen und ihnen zu schaden. Gleichzeitig haben viele Eltern kein Problem damit, Bilder ihrer Kinder ins Netz zu stellen, ohne sie vorher zu fragen. Neun Prozent der Heranwachsenden sagten, dass sie so etwas in den vergangenen zwölf Monaten erlebt hätten. Sechs Prozent hätten ihre Eltern darum gebeten, Inhalte, die sie ins Internet gestellt hatten, zu löschen. Vier Prozent gaben an, dass sie gemeine Kommentare erhalten hätten, weil die Eltern etwas über sie veröffentlicht hatten.

Eltern machen sich laut der Studie Sorgen über die Online-Nutzung ihrer Kinder. Diese seien geringer als die Sorgen um die schulischen Leistungen, aber zum Teil größer als etwa Sorgen über die Gesundheit oder die Befürchtung, dass ihre Kinder Drogen nehmen. Dennoch meinen nur sechs Prozent der befragten Eltern, dass ihr Kind in den vergangenen zwölf Monaten Online-Erfahrungen gemacht habe, die es in irgendeiner Weise negativ berührt oder sogar verstört hätten.

Für interessant halten die Medienforscher die Unterschiede zwischen den Antworten der Kinder und denen der Eltern zu einzelnen Risiken. Die Differenz sei besonders auffällig, wenn es um den Kontakt mit sexuellen Inhalten gehe. Der Anteil der Eltern, die meinten, dass ihr Kind mit derartigen Inhalten in Berührung gekommen sei, falle deutlich geringer aus als der Anteil der Kinder, die angaben, solche Erfahrungen gemacht zu haben. Der Unterschied könne darauf zurückgeführt werden, dass Eltern zunehmend aus dem Blick verlieren, was ihre Kinder im Internet machen, sagt das Hamburger Institut. Es könne aber auch sein, dass die jungen Menschen die Erfahrungen als Teil ihrer sexuellen Entwicklung vielleicht bewusst für sich behalten.

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