Neue Hoffnung im Kampf gegen die Killer-Keime

Braunschweig · Die sogenannte Antivirulenz-Therapie soll antibiotikaresistente Bakterien so weit schwächen, dass das Immunsystem leichtes Spiel mit ihnen hat.

 So sehen Bakterien in einem Elektronenmikroskop aus. Foto: Rohde/HZI

So sehen Bakterien in einem Elektronenmikroskop aus. Foto: Rohde/HZI

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(np) Die Pharmazie fällt im Kampf gegen die Bakterien zurück. Immer mehr Erreger entwickeln Resistenzen. Das hat auch damit zu tun, dass Antibiotika gezielt entwickelt wurden, um Mikroben zu töten. Wenn die Mittel zu oft oder falsch eingesetzt werden, wird aber nur ein Teil vernichtet. Übrig bleibt der resistente Rest und kann sich weiter vermehren. Weil die Pharmabranche die Entwicklung neuer Wirkstoffe lange schleifen ließ und gleichzeitig immer mehr Bakterien Widerstandskräfte gegen Medikamente entwickeln, sterben heute nach einem Bericht der Universität Witten/Herdecke in Deutschland mehr Menschen an Infektionen mit multiresistenten Keimen als bei Unfällen im Straßenverkehr.

Weltweit fallen mehr als 700 000 Menschen pro Jahr Infektionen mit resistenten Erregern zum Opfer, berichtet das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI). Dessen Wissenschaftler arbeiten nun an neuen Strategien im Kampf gegen die Keime.

Ein Strategie ist die Antivirulenz-Therapie. Sie zielt darauf ab, Eigenschaften eines Erregers, die es ihm ermöglichen, sein Opfer zu infizieren und sich zu vermehren, die sogenannten Virulenzfaktoren, durch spezifische Arzneistoffe zu stören. Dabei werden spezielle Haftmoleküle oder bakterielle Strukturen, die zur Kommunikation dienen, ins Visier genommen. "Durch die Antivirulenz-Therapie wird das Immunsystem des Wirtes in die Lage versetzt, die Infektion mit dem abgeschwächten Erreger selbst oder mit Unterstützung eines Antibiotikums zu besiegen", erklärt Professorin Eva Medina, Leiterin der Abteilung Infektionsimmunologie am HZI. "Da die Keime am Leben und vermehrungsfähig bleiben, entsteht kein Selektionsdruck, wodurch wiederum eine Resistenzbildung verhindert werden soll." Das Konzept der Antivirulenz-Therapie stecke allerdings noch in den Kinderschuhen, und es seien umfangreiche Forschungsarbeiten notwendig, erklärt das Institut. Möglicherweise müssten die Behandlungsstrategien auch an verschiedene Patienten individuell angepasst werden.

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