Europäische Datenschutz-Grundverordnung Neue Datenschutz-Grundverordnung sorgt für Anfrageflut

Berlin · Die Behörden der Länder erhalten seit dem 25. Mai viele Beschwerden. Bei Firmen, Kommunen und Vereinen herrschen große Unsicherheiten.

 Der Beratungsbedarf beim Datenschutz ist sehr groß.

Der Beratungsbedarf beim Datenschutz ist sehr groß.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Der erste Monat mit der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat die zuständigen deutschen Behörden zum Teil an ihre Grenzen gebracht. Neben Beschwerden bekommen die Landes-Datenschützer auch viele Nachfragen von Unternehmen und Bürgern zum Umgang mit den neuen Regeln, die seit dem 25. Mai greifen.

„Wir nennen uns nur noch Call-Center“, sagt eine Sprecherin des hessischen Datenschutzbeauftragten Michael Ronellenfitsch. „Die Zahl der Anfragen ist extrem hoch. Vor allem bei Firmen, Kommunen und auch bei Vereinen herrschen große Unsicherheiten.“ Auch Privatleute wenden sich mit ihren Fragen an den Datenschutzbeauftragten und sein Team. Wie viele formale Beschwerden unter den Anfragen sind, kann die Sprecherin nicht beziffern.

Auch die Datenschützer in Nordrhein-Westfalen versinken in einer Flut von Anfragen. „Die Telefone stehen nicht mehr still“, sagt ein Sprecher. Täglich nehme der mit nur einer Person besetzte Empfang rund 100 Anrufe zum Thema europäische Datenschutz-Grundverordnung entgegen. Seit Anfang des Jahres erreichten die NRW-Datenschützer 4700 schriftliche Eingaben – im gesamten Vorjahr waren es lediglich knapp 4000. Allerdings fallen darunter nicht nur Beschwerden, sondern auch Beratungsanfragen.

„An einem Tag gehen jetzt so viele Beschwerden ein wie vorher in zwei Wochen“, sagt ein Sprecher der Berliner Datenschutz-Behörde. Genaue Zahlen lägen noch nicht vor. Als Schwerpunkte kristallisierten sich Online-Handel und Lieferdienste für Essen heraus. Die Fälle werden nun geprüft und die Unternehmen um Stellungnahme gebeten. Viele Bürger seien im Zuge der Berichterstattung über die neuen Regeln stärker in Sachen Datenschutz sensibilisiert.

Die EU-Grundverordnung soll Bürgern mehr Mitsprache dabei geben, was mit ihren Daten in Unternehmen, Vereinen und Behörden passiert. Dazu gehören Name, Adresse, E-Mail-Adresse, Ausweisnummer und IP-Adresse. Besonders empfindliche Daten – zum Beispiel zu Religion, Gesundheit oder Sexualleben – dürfen nur in Ausnahmefällen verarbeitet werden. Daten, die für den ursprünglichen Speicherzweck nicht mehr benötigt werden, müssen gelöscht werden. Zudem haben Verbraucher ein Auskunftsrecht.

Beim Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar gingen fast doppelt so viele Beschwerden wie zuvor ein. Insgesamt wandten sich im ersten DSGVO-Monat 460 Mal Bürger an die Behörde. 260 dieser Eingänge wurden bereits ausgewertet. In 60 Prozent der Fälle beschwerten sich die Bürger über Verstöße gegen die neue Datenschutz-Grundverordnung.

In Thüringen dagegen gab es nach Angaben des Datenschutzbeauftragten Lutz Hasse keinen signifikanten Anstieg von Beschwerden im Zusammenhang mit der Datenschutzgrundverordnung. „Allerdings haben sich die Eingangszahlen auf bis zu 500 pro Tag deshalb stark erhöht, weil sehr viele Fragen – auch von Unternehmen – zur DSGVO gestellt werden“, erklärt Hasse.

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