Netzwerk-Gruppen können Meinung machen

Saarbrücken · In sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Google+ tauschen sich die meisten Nutzer mit Freunden über „dieses und jenes" aus. Natürlich können durch den regen Austausch in Interessengruppen aber auch politische Positionen verstärkt werden. Noch ist unklar, inwieweit das die öffentliche Meinungsbildung beeinflusst.

 Natürlich können sich die Nutzer bei Facebook oder Twitter auch über Themen aus Politik und Zeitgeschehen austauschen. Ob sich das aber bereits auf die öffentliche Meinungsbildung auswirkt, ist noch nicht abschließend erforscht. Fotos: Weigel/Gabbert/dpa

Natürlich können sich die Nutzer bei Facebook oder Twitter auch über Themen aus Politik und Zeitgeschehen austauschen. Ob sich das aber bereits auf die öffentliche Meinungsbildung auswirkt, ist noch nicht abschließend erforscht. Fotos: Weigel/Gabbert/dpa

Wie viel Zeit Nutzer in den sozialen Netzwerken verbringen, verdeutlicht eine Erhebung im Auftrag des IT-Branchenverbands Bitkom: 69 Prozent besuchen das jeweilige Netzwerk im Internet täglich, bei den 14- bis 29-Jährigen sind es sogar 89 Prozent. Nach der Untersuchung, für die mehr als 1000 Internetnutzer befragt wurden, widmen Nutzer von Facebook ihrem Netzwerk besonders viel Zeit: 76 Prozent gaben an, Facebook täglich zu verwenden, gefolgt von Google+ (60 Prozent) und Twitter (54 Prozent).

85 Prozent der Internet-"Netzwerker" verwenden die Plattformen, um zu chatten und persönliche Nachrichten zu schreiben. Zwei von drei Befragten halten sich über Veranstaltungen auf dem Laufenden, ebenso viele laden eigene Fotos und Filme hoch. Immerhin 57 Prozent verschicken Statusmeldungen. Sich mit Freunden und Familie auszutauschen und in Kontakt zu bleiben, das halten die meisten Befragten für die wichtigsten Funktionen. 38 Prozent verfolgen laut Bitkom-Studie aber auch das aktuelle Tagesgeschehen über soziale Netzwerke.

Welche Nachrichten Nutzer über soziale Netzwerke erfahren, hängt nicht zuletzt davon ab, was Kontaktpersonen - etwa "Freunde " bei Facebook - über das Netzwerk verbreiten, teilen und kommentieren. Ein Forscherteam, das dieses Verhalten unter dem Begriff "Soziale Navigation" in einer Online-Befragung analysiert hat, sieht bei vielen Nutzern ein gleichzeitiges Geben und Nehmen: Wer selbst kommentiert oder teilt, vertraut häufig auch den Empfehlungen anderer. Jeder zweite Befragte gab demnach mindestens einmal pro Woche eine Bewertung in einem Netzwerk ab. Die Nähe der Beziehung spielt laut den Autoren eine große Rolle für die Entscheidung, wessen Beiträge ein Nutzer kommentiert oder an wen er einen Beitrag schickt. Der Untersuchung zufolge werden "weiche" Nachrichten , zum Beispiel Artikel mit Unterhaltungs- oder Nutzwertcharakter, häufiger geteilt oder kommentiert als "harte" Nachrichten .

Gibt es einen "Hallraum"?

Viele Nutzer treten speziellen Gruppen bei, die auf bestimmte Ereignisse, Personen oder Themen ausgerichtet sind. Doch haben solche "Bündnisse" auch eine Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung ? In diesem Punkt sind sich die Wissenschaftler nicht einig, zumal es noch an umfassenden Überblicksstudien mangelt.

Einige Forscher sprechen von einem "Hallraum", da durch das Austauschen von Themen mit verschiedenen "Freunden" bestimmte Positionen oder Meinungen sozusagen verstärkt werden können. Lotte Nordhus, die die Kommunikation in Facebook-Gruppen für oder gegen den Bau von Minaretten in der Schweiz untersuchte, stellte fest, dass sich in entsprechenden Gruppen Gleichgesinnte trafen, "die über ein Thema diskutieren wollen und die sich wieder mit den Gleichen mobilisieren".

Andere Wissenschaftler gehen davon aus, dass die sozialen Netzwerke politisches Engagement durchaus fördern, etwa weil sie schnellen Austausch ermöglichen und durch Beiträge verschiedener Nutzer eine Vielfalt an Meinungen ermöglichen. Für Oppositionelle in autoritär geführten Staaten können die Plattformen zweifellos ein wichtiges Werkzeug und Ventil im Kampf gegen das Regime sein, was beispielsweise bei den Umbrüchen in den arabischen Staaten schon eindrucksvoll belegt wurde.

Zum Thema:

HintergrundIm Buch "Das neue Gesicht der Öffentlichkeit" (herausgegeben im Jahr 2013 von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen) befassen sich Marcel Machill, Markus Beiler und Uwe Krüger auch mit den Möglichkeiten für politische Partizipation durch soziale Netzwerke. Die Autoren meinen, dass selbst in mitgliederstarken politischen Facebook-Gruppen "nachweislich kaum oder auf geringem Niveau diskutiert wird". Solche Gruppen seien daher eher "als digitales Pendant von Stoßstangen-Aufklebern oder Anstecknadeln zu verstehen". in

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