Open-Source-Software Netz-Kollektiv gegen Software-Giganten

Berlin · Vor zwanzig Jahren gründete sich die Initiative zur Entwicklung frei zugänglicher Programme im Internet.

 Der Pinguin „Tux“ wurde in einem Wettbewerb zum Maskottchen des frei zugänglichen Betriebssystems Linux erkoren.

Der Pinguin „Tux“ wurde in einem Wettbewerb zum Maskottchen des frei zugänglichen Betriebssystems Linux erkoren.

Foto: dpa/Tobias Kleinschmidt

Das Urteil von Steve Ballmer fiel drastisch aus. Das offene Betriebssystem Linux sei „ein Krebsgeschwür“, das „alles befällt, was es berührt“, sagte der damalige Microsoft-Chef im Jahr 2001 Linux war zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Jahre alt und wurde von Ballmer als Bedrohung des Geschäftsmodells von Microsoft empfunden. Zuvor hatte bereits ein anderes Projekt, das auf frei zugängliche Quellcodes setzte, den Software-Riesen aufgeschreckt. Der Internet-Browser Netscape Navigator war dabei, sich zum führenden Programm im World Wide Web zu entwickeln. Microsoft gab daraufhin den Internet Explorer in Auftrag, der Netscape schließlich überflügelte. Das bedeutete allerdings nicht das Ende für sogenannte Open-Source-Software.

Der Quellcode des Netscape Navigators diente dem Projekt Mozilla als Grundlage zur Entwicklung des Firefox-Browsers.

Einen großen Einfluss auf die Open-Source-Bewegung hatte ein Text des US-Hackers Eric Raymond. Darin vergleicht Raymond die Entwicklungsmethoden im Open-Source-Bereich mit denen traditioneller Software-Produzenten. Für diese seien Programmierfehler und Entwicklungsschwierigkeiten hochproblematische Erscheinungen. Daher dauere es sehr lange, bis neue Versionen freigegeben würden – und die Enttäuschung bei dennoch auftretenden Fehlern sei umso größer. Bei Open-Source-Entwicklungen funktioniere das ganz anders. Die daran beteiligten Programmierer ließen sich von Fehlern nicht abschrecken.

Vor 20 Jahren, am 3. Februar 1998, traf sich Open-Source-Vordenker Raymond mit anderen Aktivisten in Palo Alto im Herzen des Silicon Valley, um die Open Source Initiative (OSI) als gemeinnützige Organisation zu gründen. Seitdem wacht die OSI über die Grundprinzipien: Der Quellcode (Source Code) von Software darf kein Betriebsgeheimnis sein, sondern wird allen Interessierten bereitgestellt. Dann können Freiwillige den Code verbessern und ergänzen, müssen ihn aber wieder für die Entwicklergemeinde bereitstellen.

Diese Grundidee von freier Software schien über Jahre hinweg mit dem kommerziell betriebenen Software-Geschäft kaum vereinbar. Wie sollte sich mit freier Software Geld verdienen lassen, wenn diese in der Regel kostenlos verteilt wird? Und wie funktioniert eine Qualitätskontrolle ohne klassische Hierarchie-Strukturen? Die Aktivisten fanden jedoch Antworten auf diese Herausforderungen. So wurden beispielsweise Firmen wie SuSE und Red Hat auch kommerziell erfolgreich, weil sie kostenpflichtige Dienstleistungen rund um offene Software bereitstellen. Sogar Google erwirtschaftet seine Werbe-Milliarden auf der technischen Basis von Open-Source-Projekten.

Die etablierten Softwarekonzerne taten sich lange schwer mit der Open-Source-Idee. Sie konnten jedoch nicht verhindern, dass offene Projekte wie das Betriebssystem Linux, die Software-Entwicklungsplattform Git oder die inzwischen zu Oracle gehörende Datenbank MySQL millionenfach genutzt werden. Satya Nadella, der Nachfolger von Microsoft-Chef Ballmer, hat darum längst Frieden mit den Open-Source-Plattformen geschlossen. So sorgte er dafür, dass die Microsoft-Cloud-Plattform Azure auch für Linux, und nicht nur für das hauseigene Betriebssystem Windows, funktioniert.

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