Neobanken Das ist die Zukunft des Online-Bankings
Berlin · Ein Internet-Konto bietet mittlerweile jedes Geldinstitut an. Neue Finanzdienstleister bringen das Konto jetzt verstärkt auch aufs Smartphone. Lohnt sich das für Bankkunden oder zahlen sie letztlich zu viel dafür?
Für jede Überweisung in die Bankfiliale gehen? Ein- und Auszahlungen gibt es nur am Schalter? Zeiten, in denen Geldgeschäfte an die Öffnungszeiten von Filialen gebunden waren, sind lange vorbei. Direktbanken haben Online-Banking seit salonfähig gemacht. Heute kommt kein Geldinstitut ohne ein internetfähiges Girokonto aus.
Mit N26, C24, Tomorrow, Revolut oder Klarna drängt eine neue Generation von Anbietern auf den Markt. Doch was haben Verbraucher davon? „Neue Angebote sind immer eine Chance“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Schließlich bekämen Verbraucher so eine weitere Möglichkeit, passende Angebote zu finden.
Die Zeit ist für die digitalen Anbieter günstig. Denn ihre Zielgruppe wird größer: Inzwischen gehen selbst viele der Bankkunden, die nicht mit dem Internet aufgewachsen sind, nicht mehr so oft in die Filiale, sondern erledigen ihre Bankgeschäfte online.
Eine Umfrage des Branchenverbandes Bitkom zeigt: Nur etwa zehn Prozent der Befragten nutzen überwiegend die Bankfiliale, 53 Prozent verlassen sich auch auf das Online-Banking und 35 Prozent setzen sogar ausschließlich darauf.
Der Laptop ist mit 82 Prozent nach wie vor das Gerät, das dafür am meisten genutzt wird. Aber das Smartphone holt auf. 58 Prozent nutzen es fürs Banking. Damit ist es das zweitwichtigste Gerät für ihre Bankgeschäfte im Internet. Genau hier setzen die neuen Anbieter mit ihren Apps an.
Zielgruppe vieler Neulinge auf dem Finanzmarkt ist ein eher junges, internetvertrautes Publikum. Auf den Webseiten wird unter anderem mit Einkaufs-Erlebnissen, Nachhaltigkeit, Budgetplanung oder der vollen Kontrolle über das eigene Geld gelockt. „Der typische Kunde ist ein digitaler Nomade, der Bequemlichkeit schätzt“, sagt Susanne Krehl, eine der Organisatorinnen des Fintech-Stammtisches Berlin.
„Viele Kunden nutzen die digitalen Angebote neugierig“, sagt Lena Luise Justen, ehemalige Mitgründerin von Fino, einem Finanztechnologie-Unternehmen, das Produkte für Finanzdienstleister anbietet. „Sie sind mit den oft nur teil-digitalisierten Dienstleistungen der alteingesessenen Banken unzufrieden.“ Und das, obwohl etablierte Banken die Digitalisierung nicht grundsätzlich verschlafen haben.
Sowohl Direkt- als auch Filialbanken bringen mit ihren Apps Bankgeschäfte ebenso aufs Smartphone wie die neuen Anbieter. „Die große Revolution sind die Neobanken nicht“, sagt Niels Nauhauser. „Das Produkt Girokonto ist am Ende dasselbe.“
„Neobanken sind eine Form der Prozessoptimierung“, sagt Susanne Krehl, die lange Zeit beim Finanzdienstleister Barzahlen.de gearbeitet hat. „Sie bieten die gleiche Dienstleistung an, aber ohne großen Apparat dahinter.“ Das Produkt Girokonto werde rein digital angeboten und sei so besser auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet.
Mit ihren Möglichkeiten treffen die jungen Banken einen Nerv. Kunden können weltweit Geld transferieren zu niedrigen Kosten, Rechnungen im Restaurant unkompliziert mit Freunden teilen. Dazu gibt es Zahlungskarten aus Holz oder Metall – bei der Zielgruppe kommt das an.
Zugleich fungieren manche der neuen Finanzdienstleister eher als sogenannte Open-Banking-Plattform, die auch anderen Anbietern Vertriebsmöglichkeiten bietet. So gibt es bei manchen Neobanken auch Versicherungen, andere bieten Vertragsmanagement an, bei manchen beides.
„Das uralte Geschäftsmodell des Girokontos einer Bank dient als Datengrundlage für weitere Angebote und Geschäfte“, erklärt Lena Luise Justen. Wichtig sei deshalb für Verbraucher: Sie sollten auch darauf achten, wie die eigenen Daten genutzt werden. Kontodaten seien immer schon für andere Zwecke genutzt worden, sagt Verbraucherschützer Niels Nauhauser.
Nun drohe als ein denkbares Szenario die Möglichkeit, dass mit diesen Daten das Konsumverhalten prognostiziert werde, im Extremfall seien sogar Verhaltensmanipulationen denkbar.
Das sieht auch Vincent Haupert, Informatiker und Sicherheitsforscher aus Neustadt an der Aisch. Der digitale Fußabdruck sei bei den neuen Finanz-Apps oft größer als der bei der etablierten Konkurrenz. „Daten der Nutzer werden zur Produktanalyse, zu Marketingzwecken und nicht zuletzt zur Verbesserung der eigenen Algorithmen genutzt. Leider oftmals ohne Erlaubnis der Betroffenen.“
Wie Daten verwendet werden, sei zwar in den Datenschutzbestimmungen geregelt, sagt Verbraucherschützer Nauhauser. „Die Anbieter wissen, dass kaum jemand das Kleingedruckte durchliest.“