Nackt im Netz

Saarbrücken · Sexting, das Versenden erotischer Bilder via Internet, ist ein Trend, der in den letzten Jahren Einzug in Deutschland gehalten hat. Die Urheber sind sich der Risiken, denen sie sich dabei aussetzen, nur selten bewusst.

Im Zeitalter von Handy- und Digitalkameras ist das Versenden von Bildern einfacher denn je. Problematisch wird es, wenn nicht mehr Urlaubsfotos, sondern Nacktbilder von Handy zu Handy wandern. Sexting nennt sich das Phänomen, das aus den USA nach Deutschland kam. Das Wort setzt sich aus den englischen Begriffen "sex" und "texting" (schreiben) zusammen und bezeichnet das Versenden von eigenen erotischen Fotos oder Videos via Internet und Smartphone.

Einer Studie der Universität Merseburg aus dem Jahr 2013 zufolge, hat fast jedes fünfte Mädchen und jeder neunte Junge zwischen 16 und 18 Jahren bereits Nacktfotos von sich gemacht. Sechs Prozent stellten die Bilder ins Netz.

Bezüglich der Motivation erläutert Stefanie Rack von Klicksafe, der EU-Initiative für mehr Sicherheit im Web: "Sexting findet überwiegend in Liebesbeziehungen statt und dient dazu, Zuneigung auszudrücken und Vertrauen zum Partner zu bezeugen." Dabei sind die intimen Fotos ausschließlich zum Privatgebrauch bestimmt.

Jungen Menschen bietet Sexting die Möglichkeit, sich online sexuell auszuprobieren, weiß Rack. "Sexting ist für sie eine selbstverständliche Form der Online-Kommunikation. Sie wollen eine Rückmeldung auf die erotische Darstellung ihres Körpers erhalten und ihre eigene Sexualität entdecken." So kommt es, dass aufreizende Fotos im Freundeskreis die Runde machen.

Laut Julia von Weiler, Geschäftsführerin von Innocence in Danger, einem Verein, der sich gegen sexuellen Missbrauch und pornografische Ausbeutung von Kindern im Internet einsetzt, ist nicht das Versenden von Erotikbildern verwerflich, sondern deren unerlaubte Weiterverbreitung im Internet. Denn die Gefahr, dass das Material zweckentfremdet wird, ist groß. In den falschen Händen können freizügige Bilder als Druckmittel eingesetzt werden. Die Täter nutzen hierbei die Angst ihrer Opfer vor einer Veröffentlichung aus und erpressen weitere Fotos oder Geld. Ist ein Bild erst einmal im Umlauf, haben die Abgebildeten keine Kontrolle mehr darüber. Selten lassen sich die Aufnahmen löschen. Teenager sind sich der weitreichenden Konsequenzen nicht bewusst, so von Weiler. "Dabei muss ihnen klar sein, dass ein pikantes Bild - egal, ob freiwillig oder unfreiwillig ins Netz gestellt - fortan ein Teil ihrer Öffentlichkeit ist, mit dem sie immer wieder konfrontiert werden können."

Mädchen werden häufiger Opfer von Mobbingattacken infolge von Sexting. "Das ist gelebter Sexismus", sagt von Weiler. "Mädchen, die Nacktfotos versenden, werden als Schlampe abgestempelt. Umgekehrt gelten Jungs, die sexten, als cool." Personen, die außerhalb des Internets gemobbt werden, empfiehlt von Weiler, offensiv mit der Thematik umzugehen. Auch den Eltern solle man sich unbedingt anvertrauen und gemeinsam mit ihnen Fachleute konsultieren. Hilfe in solchen Fällen findet man im Web auf Seiten wie save-me-online.de, hilfeportal-missbrauch.de und buendnis-gegen-cybermobbing.de.

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