Monsterwurm am Meeresgrund

Basel · Der Räuber ist für seine Opfer praktisch nicht zu erkennen. Denn der Riesenborstenwurm lauert im Sediment am Meeresgrund vergraben auf Beute. Kommt ein Fisch in Reichweite der mächtigen Kiefer, schnappt die Fressmaschine blitzartig zu. Doch es gibt einen Trick, um dem heimtückischen Jäger zu entgehen.

 Der Riesenborstenwurm lebt in tropischen Gewässern. Das Tier, das sich im Sediment verbirgt, misst nur wenige Zentimeter im Durchmesser, kann aber bis zu drei Meter lang werden. Foto: Lachat/Uni Basel

Der Riesenborstenwurm lebt in tropischen Gewässern. Das Tier, das sich im Sediment verbirgt, misst nur wenige Zentimeter im Durchmesser, kann aber bis zu drei Meter lang werden. Foto: Lachat/Uni Basel

Foto: Lachat/Uni Basel

Der Riesenborstenwurm Bobbit ist ein Lebewesen, das aus einem Horrorfilm stammen könnte. Das bis zu drei Meter lange Tier, das nur wenige Zentimeter im Durchmesser misst, ist in tropischen Gewässern zu Hause, wo es tagsüber am Meeresboden auf Beute lauert. Der Riesenwurm (Eunice aphroditois) verbirgt seinen langen Körper tief im Sand. Nur noch seine mächtigen Kiefer und mehrere wurmförmige Tentakel sind dann sichtbar. Sobald ein Fisch diese Fühler berührt, packt der Bobbitwurm blitzschnell mit seinen starken Kieferzangen zu und reißt die Beute zu sich herunter in seine Wohnröhre. Das völlig überraschte Tier ist in wenigen Augenblicken im Sediment verschwunden.

So wehren sich die Opfer

Biologen der Universität Basel haben den gruseligen Jäger und seine Beutetiere nun genauer unter die Lupe genommen und dabei ein faszinierendes Verhalten beobachtet: Fische , denen der Räuber auflauert, wehren sich gegen den Monsterwurm, indem sie anderen Tieren sein Versteck zeigen.

Der Bobbitwurm schlägt aus dem Hinterhalt zu. Sein Jagderfolg beruht auf exzellenter Tarnung und dem Überraschungsmoment. Indem die Tiere die Position des Räubers markieren, berauben sie ihn seines wichtigsten Vorteils, erklären Jose Lachat und Daniel Haag-Wackernagel. Die Baseler Biologen beobachteten in der Lembeh Strait, einer Meerenge in Indonesien, wie Fische den Kampf mit dem Monsterwurm aufnehmen.

Der Gelbschwanz-Scheinschnapper (Scolopsis affinis) hat keine Chance, wenn er allein dem Wurm begegnet. Entdecken diese Fische den Angreifer in seinem Hinterhalt aber rechtzeitig, können die Tiere den Räuber mit vereinten Kräften zum Rückzug zwingen, indem sie seine Position markieren, berichten die Schweizer Biologen . Denn in diesem Fall, müsse der Wurm selbst Angriffe größerer Gegner fürchten.

Die Wissenschaftler bezeichnen solches Verhalten als "Mobbing". Der Fisch schwimmt zum Eingang der Wohnröhre des Wurms, stellt sich fast senkrecht nach unten und bläst scharfe Wasserstöße in Richtung des Räubers, berichten die Schweizer Biologen . Artgenossen, die das sehen, kämen dazu und deckten den Wurm ebenfalls mit Wasserstößen ein, was ihn schließlich zum Rückzug zwinge. Wenn der Jäger erst einmal lokalisiert sei, komme kein Beutetier mehr in seine Nähe.

Fische , so die Schweizer Forscher, würden allgemein unterschätzt. Sie seien intelligenter als weithin angenommen. "Das führt immer wieder zu großen Überraschungen", so Daniel Haag-Wackernagel.

Die Forscher erklären das Verhalten, das sie auch bei einer weiteren Fischart beobachtet haben, mit den Überlebensvorteilen, die für die Tiere mit dieser gemeinsamen Aktion verbunden sind. Der Wurm wechsele in der Regel seinen Standort nicht. Wenn seine potenziellen Opfer erst einmal wüssten, wo der Feind auf sie lauert, könnten sie ihm aus dem Weg gehen.

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